OP-Saal-Stories

Ich werde in den OP-Saal geschoben.

 

HALT.

Denk nochmal.

 

Ich werde in den OP-Saal geschoben.

 

Boah, das geht ja gar nicht.

Wie kann man das so ruhig, nun ja - tippen?

Hätte man mir das vor vielleicht 15 Jahren gesagt, dass ich diese Erfahrung gleich mehrmals machen müsste, wo ich doch davor aufschnibbeltechnisch völlig unbeleckt war ... ich wäre ausgezuckt, wie man so schön sagt.

 

Aber: Nicht umsonst behandelte mein allererster Blogbeitrag genau dieses Thema, und es wurden meinerseits keine blutrünstigen Horrorgeschichten gewälzt, sondern ein positiver Touch reingebracht.

 

Nun reicht es immer noch für kurze Erinnerungsblitze, die sich ursprünglich in meinem Kopf breitgemacht haben und ihn nur teilweise wieder verlassen wollten.

Da nehme ich euch kurz mit, denn - vielleicht hilft's ja, falls es helfen soll.

 

*Hex-hex*

 

Ich schaue hoch, auf meiner Reise zum Operationssaal. Ich kann ja auch gar nicht anders als hochzuschauen - ich liege ja im Bett. Ganz bequem eigentlich, und doch weiß ich: Ich werde gleich umgebettet. Kalte Umgebung, schwere Wärmedecke. Nein, es ist nicht behaglich dann... aber einen Anflug davon werde ich schon wieder mitbekommen... garantiert.

Über mir flitzen die Deckenbeleuchtungen der Gänge vorbei.

Da und dort ein Notausgangschild.

Eine Schwester geht fast lautlos an uns vorbei - nur ihre Gummischuhsohlen quietschen leise.

Von mir aus kann die Reise gern länger dauern.

Es ist mir nämlich eh wurscht. - Was an der "Wurschtigkeitstablette" liegt, klar.

Ich darf gleich schlafen, denke ich, und freue mich.

Das kann ich irgendwie: Mich auf etwas freuen, obwohl ich gleich operiert werde.

Vor allem aber auf: Wieder aufwachen und alles hinter mir haben.

 

*Zapp*

 

Kalt.

Ja gut, ich weiß das ja (und erwähnte es eben erst): In Operationssälen friert man, sofern man keine Wärmedecke bekommt. Aber genau die ist das wichtigste Utensil, und ja - ich konnte mich bisher noch immer drauf verlassen.

Hier in der Schleuse (?) direkt vor dem eigentlichen Raum des Geschehens bin ich jetzt kurz alleine und studiere alle Zettelchen und Hinweisschilder an den Wänden und Kästen, als wäre das Bedingung für einen gelungenen Eingriff.

Da ist auch ein Kalender an der Wand. Es ist also doch nicht nur alles so klinisch und farblos, wie man erwarten würde. Es ist zwar nur ein Dienstkalender, und die einzigen Farbtupfer sind Markierungen von Leuchtstiften, aber meine Blicke saugen sich trotzdem daran fest.

Rosa, Orange, Grün.

Alles so schön bunt hier.

Die Wurschtigkeitstablette haut irgendwie ganz schön rein.

 

*Ding-ding*

 

Wie der gekreuzigte Jesus liege ich da, mit der - na klar - Wärmedecke über mir, und die Arme liegen auf den Stützen des OP-Tisches.

Rings um mich wuselt es, aber die Handgriffe sind gekonnt, die Bewegungen ruhig und präzise.

EKG-Saugnäpfe und Kabel kleben unter meinen Schlüsselbeinen auf der Haut, und man legt einen Venenzugang in der Ellenbeuge. (Links, bitte nur links, wegen der Lymphknoten, die hier nicht in der Achsel entnommen wurden.)

Ich höre meinen Herzschlag.

Piep-piep-piep... ziemlich schnell.

"Ich bin aufgeregt", erkläre ich unnötigerweise und grinse blöd. (Die Wurschtigkeitstablette... ihr wisst schon.)

"Ich auch", sagt der Anästhesist und hat ein paar Lacher auf seiner Seite.

Ja, so mag ich das - das nimmt der eigentlich bierernsten Situation gleich wieder seine Schärfe.

Irgendwer - vielleicht ein Schwester - berührt mich an der Schulter, nicht zum ersten Mal.

Mir wird das Narkosemittel gespritzt, und spätestens jetzt, da ich hoch zur riesigen OP-Lampe blicke und sich die Sauerstoffmaske über meine Nase und meinen Mund senkt, weiß ich:

Jetzt geht's wirklich los.

Ich sage ... nichts.

(Bei der allerersten Operation sagte ich, ohne Wurschtigkeitstabletten-Einfluss und viel nervöser: "Ich bin noch da... ich bin noch da... noch nicht anfangen... oh, jetzt spür ich wa-" - - - Wingardium Leviosa. ... WEG.)

 

*Kling-ling*

 

Ich würde ja echt mal gern träumen.

Ich konnte mich noch nie danach an irgendetwas erinnern.

An nichts Waches und nichts Un-Waches.

Daher gab es tatsächlich auch kein "Oh Gott, oh Gott, ich bin wach und kriege alles mit, und der Chirurg greift gerade zum Skalpell, Hilfe!"

Auch keine süßen Liebesträume, Meersstrandspaziergänge oder religiöse Erweckungen ereilten mich bisher in meinen (Halb-)Träumen.

Kein schwereloses Liegen und Träumen auf einer Sommerwiese.

Man kann nicht alles haben.

Das Aufwachen ist aber schön. Das kann nicht jeder behaupten, ich weiß - bei mir war es bisher immer so.

Es ist wie ein langsames Auftauchen... ein ungetriebenes, stressfreies Zusammenklauben der einzelnen Bewusstseins-Bestandteilchen.

Hurra, da bin ich wieder.

Alles vorüber.

 

Wird's bald sein.

Also dann, auf ein Neues.

Wir lesen uns bald wieder. :-)

 

 

 

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