Ferschn

Manchmal dauert's bis man sich kümmert.

Obwohl man es eigentlich längst hätte tun sollen.

Denn - wenn nichts anderes hilft und man schon zu lange in der Warteschleife bzw. Bestimmt-wird's-bald-besser-Schleife hängt, verzagt man irgendwann.

 

Wie?

Ach so!

Ich spreche in Rätseln.

Ich stehe auf dem Kriegs...äh... fuß - mit meiner Ferse.

Seit bald einem halben Jahr jetzt, und ein paar Sachen gehen so richtig schön bergab.

 

Aber der Reihe nach:

Einen Fersensporn kennen einige von euch sicherlich aus eigener Erfahrung.

Es handelt sich dabei um eine schmerzhafte Reizung der Sehnenplatte der Fußsohle.

Das klingt gemein, und das ist es auch. Dabei entstehen nämlich auch knöcherne Verkalkungen, die sich als "Dorn" an der Ferse äußern, und die zumeist chronische Entzündung in dem Bereich sorgt für Dauerschmerzen.

Ganz so, als würde man sich mit jedem Schritt einen Nagel eintreten.

Klingt super, oder?

 

Ursachen können sein: Fußfehlstellung (hab ich), Übergewicht (hab ich), berufliche (ja) oder sportliche (nein) Mehrbelastung.

Kurzerhand: Ich bin Fersensporn-Vorzeige Role Model.

 

Vor ein paar Jahren hatte ich schon mal einen, an der anderen Ferse (zwecks der Abwechslung warad's), und der ging irgendwann - nach ein paar Wochen - von selbst weg. Gemacht habe ich damals nicht besonders viel dagegen. Einlagen wurden mir zwar verschrieben, aber die machten alles noch schmerzhafter.

 

Diesen Frühling, als es auf dem anderen Fuß losging, war ich erst noch frohen Mutes und beschloss, den Schmerz zu ignorieren.

Aber das ging nicht lange gut.

Bald begann ich nämlich so richtig zu humpeln, und das sorgte für weitere Probleme. Ich wurde nämlich "schief" und bekam auf der Gegenseite Leistenschmerzen, weil ich falsch belastete.

Ich war "die, die humpelte", wenn in der Arbeit Kunden, die mit mir noch nicht so vertraut waren, über mich sprachen.

 

Irgendwann beschloss ich dann doch zum Orthopäden zu gehen.

Stoßwellentherapie wollte ich nicht, denn: zu teuer und zu wenig erfolgsversprechend (zumindest einiger Meinungen nach). Also fragte ich tapfer nach einer Spritze.

"Die tut aber sehr weh", schickte der Arzt voraus, und kurz schwankte ich (nicht schmerzbedingt, sondern mit meinem eisernen Willen hadernd), aber dann sah ich doch keine andere wirkliche Alternative.

Und ja - es tat tatsächlich SEHR weh, und das äußerte ich auch kurz, laut und nachhaltig.

 

Dafür war danach Ruhe.

Ich war schmerzfrei!

Jippiiiieee!

... Für ganze zwanzig Minuten lang, denn so lange wirkte wohl das rasch ausgestoßene Adrenalin nach.

Ich gab dem Ganzen ein paar Tage Zeit, um richtig Wirkung zu entfalten, aber es stellte sich schon bald heraus:

Es hatte nichts genutzt.

 

In der Folgezeit halfen auch Diclofenac-Gel, Fußbäder und Eisbeutel nichts oder nur sehr kurzzeitig.

Ich begann immer mehr zu verzweifeln.

 

Einige Wochen später holte ich mir Spritze Nummer 2 ab, und die half noch weniger als die erste.

Damit war ich mit diesem Thema auch durch - ich würde meiner Ferse kein weiteres Aufspießen mehr zumuten.

 

Ich wartete weiter ab.

Zwar hatten die Spritzen insofern doch etwas bewirkt, als dass ich nicht mehr ganz so schief humpelte.

Vielleicht hatte ich aber auch nur gelernt, mir den Schmerz zu verbeißen, da es mein Arbeitsalltag ohnehin nicht zuließ, bei jedem einzelnen Schritt daran zu denken und "nachzuspüren".

Ich ging also förmlich darüber hinweg.

 

Jedoch:

Ich merkte mit der Zeit, wie ich körperlich abbaue, was ganz einfach damit zu tun hat, dass ich mich nicht so bewegen kann, wie ich das gerne möchte.

Stundenlang am Wochenende unterwegs sein und viele weite Wege gehen: gestrichen.

Schon vor Arbeitsbeginn einen Teil des Weges zum Arbeitsplatz zu Fuß runterzureißen (nämlich eine ganze Stunde): gestrichen.

Zwar verbiss ich mir immer noch oft genug die körperliche Pein, indem ich trotzdem ein paar zusätzliche Kilometer zwischendurch ging - einfach weil ich es vom Kopf her brauchte und mich nicht immer nur auf's Sofa verkriechen kann.

Aber es gab dann eben auch immer öfter die Zeiten, an denen ich abends meine Ferse nicht mal mehr berühren konnte, ohne Schmerzen zu empfinden.

 

Kurz und knapp: Ich war ziemlich fix und alle.

 

Bis zu dem Zeitpunkt, als ich nach und nach, Stück für Stück, "im Hintergrund" genügend weitere hilfreiche Informationen gesammelt hatte und nun doch beschloss, wirklich aktiv und auf eigene Faust etwas gegen die Schmerzen zu tun.

Denn das, liebe Freunde, wird Zeit!

Dieser Zeitpunkt... liegt erst ein paar Tage zurück, und es ist, als wäre ich mir selbst auf einmal (besser spät als nie) wertvoll genug, um mir Erleichterung zu verschaffen - oder es zumindest zu versuchen.

 

Ich habe mir einen Ergometer gekauft.

Nicht nur wegen des Fersensporns - deswegen eigentlich weniger - sondern weil meine Knie auch dringend Aufmerksamkeit benötigen, und weil ich meine Ausdauer auf diese Weise langsam in den Plusbereich kriege.

Ich "bearbeite" meine Ferse nun jeden Abend, mehr oder weniger zärtlich, mit einem Eiswürfel, einem Faszienball, einer Faszienrolle, einem Golfball und einem Igelball.

Ich dehne meine Ferse und mache wieder regelmäßiger Fußbäder (wie jetzt, während ich dies hier schreibe).

 

Ich bilde mir ein, schon eine minimale Verbesserung festzustellen.

Vielleicht nur ein Wunschgedanke, vielleicht aber auch nicht... aber vielleicht ein Anfang.

 

Als ich damals wegen des Melanoms im Krankenhaus war und über zwei Wochen lang nur liegen und sitzen durfte, löste sich mein damaliges Fußentzündungsproblem (das ich mir nach einem Bänderriss zugezogen hatte) in Wohlgefallen auf.

Durch bloßes Ignorieren, denn - ich hatte ja andere Probleme.

 

Die ganzen Umstände rund um meine Fersenangelegenheit sind jetzt natürlich völlig andere und viel harmloser, und ich kann auch nicht vorhersehen, ob Wegsehen oder Hinsehen DIE Lösung für das Problem ist, aber ich habe den Verdacht.... dass es eher Letzteres ist.

Daher gehe ich dem jetzt nach.

Genau genommen: Wegsehen ist (bis auf wenige Ausnahmen vielleicht) NIE gut...  das weiß ich aus eigener Erfahrung.

 

Ein Fersensporn ist wahrscheinlich nur ein kleines Sinnbild für all das. Ich habe schon weit Massiveres verdrängt.

Jedoch sind es die vermeintlich "kleinen" Probleme im Leben, die uns dann doch mehr als gedacht einschränken.

... Und natürlich hilft es auch bei "großen" Dingen wie Krebs nicht, wegzusehen - im Gegenteil.

 

Daher schadet es nicht... ganz und gar nicht... hin und wieder mal den Fokus auf das zu lenken, was weh tut.

Wenn es um eine Krebserkrankung geht, helfen die Expertinnen und Experten der Krebshilfe übrigens rasch und unbürokratisch.

Man muss nicht alleine hinsehen und sich kümmern,

und das ist doch ein guter Anfang?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0