Deus nobiscum

"Du bist das Licht der Welt, du bist der Glanz, der uns unsren Tag erhellt..."

Das war immer mein liebstes Kirchenlied.

 

Halt, stopp, nicht wegklicken!

Ihr seid nicht versehentlich im falschen Blog gelandet.

Ich bin's immer noch... und es gibt Seiten an mir, die ihr noch nicht kennt und die auch nur die wenigsten kennen.

 

Vorab: Ich bin kein religiöser Mensch - früher nicht (sehr) und heute (schon gar) nicht.

Zwar glaube ich an eine höhere Macht, die unser Schicksal lenkt und bestimmt, aber ich glaube auch daran, dass wir selbst das ebenso tun können. Mit und ohne Hilfe "von oben".

 

Ich glaube aber nicht an einen Mann mit weißen Bart und in wallenden Gewändern, der auf einer Wolke sitzt.

Zumindest dieses Bild existiert in meiner Vorstellung nicht.

DASS da aber etwas ist - wie gesagt: ja, davon bin ich überzeugt.

 

Nichtsdestotrotz: Ich war ein Kirchenkind. Zwar wurde ich zu Hause nicht christlich erzogen, und ich erinnere mich nur daran, dass meine Oma manchmal von einem "Herrgott" sprach, aber mehr lebendigen Glauben gab es nicht.

Umso interessanter ist mein gesamter schulischer Werdegang zu werten, denn der ist durchdrungen von Religiösität.

 

In der Volksschulzeit war ich in der Jungschar und auch einige Jahre lang Ministrantin.

Das war ganz normal in der kleinen Stadt, in der ich lebte. Einen tieferen Sinn hatte das alles jedoch nicht für mich - dazu war ich noch zu klein und zu wenig reflektiert.

Eines stand aber da schon fest: Die Kirchenatmosphäre empfand ich schon damals als besinnlich schön ... daran hat sich übrigens bis heute nichts geändert.

 

Der nächste christliche Knaller war dann die Gymnasium-Unterstufe, denn das vorpubertäre Kind Marlies genoss vier Jahre lang eine relativ strenge schulische Bildung im (damaligen) "Wirschaftskundlichen Realgymnasium der Englischen Fräulein". Nonnen auf den Schulgängen waren ein normales Bild, und ich erinnere mich noch gut an abfällige Kommentare von Schwester Friedburga, als ich im Musikunterricht einmal "Slave To The Rhythm" von Grace Jones vorstellte. Außerdem wollte man mir die Freude an Glatt-verkehrt-glatt-verkehrt-Stricken im Werkunterricht beibringen (auf lange Sicht sinnlos), und einen Rock habe ich auch nur mit heimlich empfundener Todesverachtung genäht. (Er war beige und sauhässlich.)

Genützt hat die ganze sakrale Erziehung nichts, denn aus mir ist trotzdem ein Teufelsmusik hörender Transgender geworden. ;-)

 

Auch im Teenager-Alter hatte ich weitere Berührungspunkte ... zumindest mit der Kirche. Ich trat der Katholischen Jugend bei, liebte die Nachmittage im Jugendraum und brach einem Verehrer das Herz, obwohl er mir zu Weihnachten das "Jesus und seine Hawara"-Buch schenkte. (Ich war eigentlich in ein Mädchen heimlich verliebt.)

 

Danach endete meine "Kirchenvergangenheit" allmählich, aber ich kann sagen, dass ich noch heute gerne in eine Kirche gehe, um die Ruhe zu genießen und meine Gedanken zu sortieren.

Mit dem Glauben an sich hat das natürlich nicht wirklich etwas zu tun, und da bin ich nach wie vor "säumig", mich zu positionieren. Falls man sich überhaupt positionieren muss.

 

Ich habe es mit den Zeugen Jehovas versucht... aber nicht tatsächlich, sondern weil ich eine Zeitlang vor hatte, meine Soziologie-Magisterarbeit darüber zu schreiben. Daraus ist jedoch nichts geworden... wie auch aus dem Studiumabschluss.

(Die Zeugen Jehovas hätten mich aber tatsächlich gerne bei sich gehabt... aber wenn die mehr über mich gewusst hätten, hätten sie zuerst entsetzt reagiert und dann für meine schwarze Seele gebetet.)

 

Mit dem Glauben und mir... das ist schwer.

Nicht mal mein Krebs hat mich bekehrt, sondern mich nur etwas spiritueller gemacht (aber für jeden Spirituellen wäre ich wohl nicht spirituell genug, schätze ich).

Ich hätte es als falsch empfunden, plötzlich anzufangen, mit Gott zu reden, während ich mit Glatze im Bett lag und meine Eingeweide sich zusammenballten. (Dann hätte ich das auch schon vorher tun können... und nicht erst in der Not.)

Ich habe stattdessen mal mit meinem Tumor geredet. Ich habe ihm gesagt, dass er abhauen kann... dass ich keine Verwendung für ihn habe. Ich habe ihn nicht angeblafft, aber ich habe ihn behandelt wie das unbeliebte Nachbarskind, das keiner mag.

Tja.

Er ist dann ja wirklich abgehauen. Ich war wohl sehr eindringlich.

 

Damit mich keiner falsch versteht: Ich mache mich hier nicht über Religion und Glauben lustig.

Ich respektiere und bewundere es sogar, wenn jemand in einer Ausnahmesituation wie Krebs zu Gott findet.

Das tue ich sogar, wenn es gar nicht mal so einen krassen Grund gibt, sondern "einfach so".

 

Jeder soll das tun, soll das glauben, was er möchte - egal ob gesund oder krank.

 

Ich habe eine Bibel zu Hause, und ich lese manchmal sogar darin. Oft erinnere ich mich sogar noch an den Religionsunterricht in der Schule, und ich erinnere mich eben auch an viele, viele Kirchenlieder.

Ich kann immer noch viele.

Dennoch waren die letzten Lieder, die ich in einer Kirche gesungen habe, ganz und gar weltliche, mit Gitarrenbegleitung.

Eines anlässlich der Taufe meiner Nichte, und eines beim Begräbnis meines Großvaters.

Zum richtigen Zeitpunkt passt so ziemlich jedes Lied in eine Kirche.

 

P.S.:

Ich habe mal im Zeugnis in Religion die Note "Befriedigend" bekommen, und ich erinnere mich nicht mehr im Geringsten, warum.

Vielleicht war ich einfach frech.

 

Ich denke, Gott hat es mir mittlerweile verziehen... ;-)

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