Warte mal!

Im Warten nicht verzagen, [ist] der höchste Mut.

 

Das ist ein Zitat von Karl August Varnhagen von Ense.

Ja, okay, ich kenne den Herrn auch nicht.

Offenbar war er im 19. Jahrhundert ein angesehener Diplomat und Schriftsteller.

Ich muss jedoch demütig feststellen: An seinem oben genannten Aphorismus ist was dran.

 

Klar, ich könnte jetzt mit den guten Ratschlägen anfangen, den Zeigefinger erheben und euch ermahnen, euer Leben nicht zu verschwenden, um auf Besseres zu warten. Oder auf den passenden Moment.... der dann eh nicht kommt, weil irgendwas Schlimmes dazwischenkommt.

 

Wie Krebs zum Beispiel.

Aber das will eigentlich keiner hören - und außerdem: Wir wissen's ja, gell?

 

Nein, kein Belehren heute (und auch sonst nicht unbedingt).

Stattdessen breche ich eine Lanze für's Wartenmüssen und all jene, denen nichts anderes übrig bleibt.

 

Es zwingt einen in eine Art Hilflosigkeit, die man sich nicht ausgesucht hat, und nichts kann man tun, um die Zeit zu beschleunigen oder anzuhalten (je nachdem, wonach einem der Sinn steht).

 

Angenommen: Da wurde etwas gefunden... oder beängstigende Symptome treten auf.

(Es gibt ja auch die Diagnosen, die "aus heiterem Himmel" erfolgen und auf die man nicht gefasst ist, weil sie zufällig erfolgen, zum Beispiel. Doch wir gehen nun von Ersterem aus.)

Oft ist es so, dass man nicht sofort zum Arzt bzw. zu einer Untersuchung gehen kann. Vielleicht ist Wochenende oder Feiertag(e), oder man ist im Urlaub (oder der Arzt).

Das ist dann schon die erste unfreiwillige Wartezeit.

Im Wartezimmer (nomen est omen) wartet man dann wieder, und dann wird man untersucht, vielleicht wird eine Probe entnommen oder etwas anderes wird gemacht.

Anschließend gibt es wieder eine Wartezeit. Diese dauert ein paar Stunden, ein paar Tage oder ein paar Wochen.

Vielleicht muss man auch erst einmal etwas "beobachten", dann hat man eine nicht klar definierte Wartezeit.

 

Angenommen, es stellt sich dann heraus, dass es Krebs ist.

Während man noch damit hadert und beschäftigt ist, mit dieser Diagnose irgendwie klarzukommen, geht das Warten weiter.

Auf nächste Untersuchungen, auf weitere Entwicklungen und Abklärungen, auf weitere Termine.

 

Diese Zeit - bis der Behandlungsplan feststeht - gehört unbestritten zu den härtesten Zeiten.

Man hängt in der Luft... der Weg ist noch nicht vorgegeben... alles erscheint unklar und einfach nur grauenhaft.

Nie war Warten schlimmer als zu diesem Zeitpunkt.

 

Dann steht irgendwann der Plan, und während man sich mit der Situation abzufinden beginnt und sich auf die nächste Zeit fokussiert, geht das Warten weiter.

Auf die erste/nächste Therapie.

Auf die erste/nächste Zwischenuntersuchung.

Darauf, dass Nebenwirkungen auftreten (zum Beispiel, dass die ersten Haare ausfallen).

Natürlich auch darauf, dass die Therapie wirkt.

 

Wir warten in Warteräumen.

Wir warten auf Ärzte.

Wir warten darauf, dass die (oft unangenehme) Untersuchung oder Behandlung vorbeigeht.

Dass der Infusionsbeutel endlich leer ist.

Dass die Tablette wirkt.

Dass die Schmerzen weggehen.

Dass die Ängste vorübergehen.

Dass endlich alles etwas leichter wird.

 

Während dieser akuten Behandlungsphase verbringen wir sehr viel Zeit mit Verharren und Aushalten.

Mal fällt uns das Warten leichter, mal schwerer.

Aber immer steht das Ziel im Vordergrund: Es soll bitte besser werden. Und in vielen Fällen ist da die Hoffnung, wieder vollständig gesund zu werden... also wartet man auch darauf.

 

Wer dann irgendwann alles hinter sich hat, wartet auf Erholung und darauf, dass "das Leben wieder so sein möge wie zuvor" - was in vielen Fällen nicht geht.

Das Leben ist ein anderes geworden. Nicht immer schlechter, aber sicherlich nicht mehr komplett so wie vorher.

 

Dass wir warten, heißt nicht, dass wir untätig sind.

Viele von uns schauen jetzt auf sich, essen gesund, machen Bewegung und wenden Methoden an, um sich wieder gut zu fühlen.

Aber dennoch geht es nicht ganz ohne Warten.

Irgendwann sitzen wir wieder in Wartezimmern, (er)warten Nachsorgen und Kontrolluntersuchungen.

 

Warten kann etwas ganz Alltägliches, Simples sein. Wie an der Haltestelle auf den Bus zu warten.

Es kann aber auch etwas sein, das sich wie ein roter Faden durch eine herausfordernde Zeit zieht.

Wer diese "Art" des Wartens einmal erlebt hat, bekommt einen anderen Blickwinkel darauf.

 

Und ja - zweifellos gehört Mut dazu, nicht zu verzagen - das hat der gute Karl August (wer immer er ist) richtig erkannt.

 

Eine wertvolle Hilfe ist es, sich von der Krebshilfe Österreich Unterstützung zu holen.

Beratungsstellen gibt es in ganz Österreich.

Wartezeit auf einen Termin? Es wird alles getan, um diese möglichst gering zu halten - versprochen!

 

https://www.krebshilfe.net/

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0