Apocalpyse (not) now

Vor ein paar Nächten habe ich von der Apocalypse geträumt.

Ich sah eine Sonne (na gut, nicht eine Sonne, sondern die Sonne) vor einem orangefarbenen Hintergrund. War vermutlich gerade im Begriff, dem abendlichen Horizont entgegen zu sinken.

Auf ca. 5 Uhr rechts unten schob sich eine tintenschwarze Wolke vor die gelbe Scheibe, und kurz darauf entpuppte sich diese Wolke als ganze Nebelwand, die sich der Sonne bemächtigte.

Es sah aus wie eine pechschwarze Sonnenfinsternis, aber die allgemeine Stimmung im Traum sagte etwas anderes.

 

Da schloss sich auf einmal ein riesengroßes Tor mit geometrischem Reliefmuster (auf welche Details man achtet, gell?) langsam von oben nach unten.

Wie das Tor, das Mordor vom Rest von Mittelerde trennt. Aber natürlich ging es, während ich schlief, nicht um den "Herrn der Ringe".

 

Es war eins klar: Nun ist's vorbei. Plötzlich war es pechschwarz, und instinktiv wusste ich: Das ist das Ende.

Ich schwebte anscheinend wie ein Embryo in der Luft und kniff in der nächsten Sekunde die Augen fest zu, denn ein grellweißer, allumfassender Blitz zuckte quer über das ganze Traumbild.

Eine Atombombe? Gottes Zorn? Ich weiß es nicht. Fix war für mich nur: JETZT sterbe ich. JETZT stirbt die ganze Menschheit.

 

JETZT...

... mag man sich fragen, welche Seelenpein ich im realen Leben wohl durchmache, um SO ETWAS zu träumen?

Na ja - ehrlich gesagt: keine Ahnung.

Interessanterweise habe ich dem Ganzen - obwohl es mir deutlich in Erinnerung geblieben ist - nicht allzu viel Bedeutung beigemessen.

Es ist nämlich, dass ich seit Wochen extrem intensiv träume - alles Mögliche - und ich kann mich nur an wenig erinnern. Ich weiß immerhin, dass mir dieselben "Traumplätze" unterkommen, die mich schon seit Jahren oder sogar Jahrzehnten begleiten. Dass ein paar Ex-Freundinnen auf den Traum-Bildflächen erschienen und wieder verschwinden... aber vor allem, dass die Träume insgesamt nicht so schlecht, und schon gar nicht beängstigend sind.

Nicht mal DIE APOKALPYSE hatte etwas Beängstigendes an sich gehabt. Eher etwas Faszinierendes.

 

Warum ich das erzähle?

Weil es seit einiger Zeit wieder hin- und her geht. Auf und ab. Mit meiner Stimmung und meinem allgemeinen Befinden, nämlich. Aber das ist ja fast schon normal.

 

Es gibt diese Zeiten, in denen ich konsequent auf mich schaue und einen strukturierten Plan verfolge, wie ich mich - wieder mal - selbst optimiere. Das gelingt manchmal in größeren, aber meist in eher kleineren Schritten.

Ich versuche an meinem Selbstwertgefühl zu "arbeiten", und das hängt beispielsweise direkt proportional mit meinem Ernährungsverhalten zusammen.

Wenn ich will - wenn ich wirklich, wirklich will - kann ich mich so gesund ernähren, dass jeder Ratgeber-Guru vor Neid erblassen würde (na ja, fast).

Wenn mir der Zucker dann nicht einen Strich durch die Protein-Kohlenhydrat-Ballaststoff-Rechnung macht.

Was er halt doch hin und wieder tut, das fiese Aas.

 

Die Disziplin beginnt zudem bedenklich zu schwanken, sobald mich im Leben irgendetwas den festen Halt verlieren lässt.

Ein Gefühl von Ohnmacht, Hilflosigkeit und Angst, zum Beispiel, in innerfamilärer Hinsicht. Die notwendige Abgrenzung, dem Drang "helfen" zu wollen nicht nachzugeben... das kann verflucht schwer sein.

 

Da sind dann plötzlich Zucker und Fett zum Trösten da... was natürlich nicht wirklich funktioniert.

Dann kommt die Wut über das eigene Versagen, und plötzlich steht ein Aufblitzen von Resignation im Raum.

Plötzlich seh ich wieder den Brunnen, der mir schon wohlbekannt ist, mit seinen glatten Wänden.

Wenn ich mich jetzt ergebe, geht es wieder abwärts.

 

Ich ergebe mich nicht.

 

Stattdessen mache ich Augen und Ohren auf... sehe und höre.

 

"Ich finde, wir arbeiten sehr gut zusammen", sagt jemand heute zu mir, als wir zu dritt bei einem lockeren Dienstgespräch zusammensitzen.

 

"Ich möchte mich noch einmal für die wunderbare Betreuung bedanken", sagt mir ein Kunde - ebenfalls heute - am Telefon.

 

Ich freue mich.

 

Ich bin zu Hause, sehe auf meinen kleinen Balkon hinaus, der noch leer und kahl ist, und ich sehe mich in ein paar Monaten inmitten von Kräuter und Beerentöpfen in meinem türkisblauen Klappstuhl sitzen, mit einem Glas Gin Tonic in der Hand, und auf dem Plattenspieler im Wohnzimmer drehen sich Horace Andy, Pink Floyd oder auch die Bad Brains.

 

Ich freue mich darauf.

 

Gerade eben habe ich schwarze Beluga-Linsen eingeweicht, die ich morgen über meinen Mittagslunch streuen werde. Dieser besteht voraussichtlich aus Feta-Käse, weißen Bohnen, Tomaten, Basilikum und Zwiebeln.

Salat nach Marlies-Art... ob der dann schmeckt, wird sich noch herausstellen. ;-)

Wichtig ist nur eins: Ich krieg' die Kurve gerade wieder.

 

Manchmal ist es mühsam, manchmal bedarf es schmerzlicher Anstrengung, und manchmal geschieht es von allein:

Der Brunnen rückt wieder aus dem Blickfeld, die drohende "Apokalypse" entpuppt sich einmal mehr als Traum.

 

Viele äußere Umstände haben sich nicht geändert, und doch ist da dieses leise, kleine Gefühl von Zufriedenheit.

Ich halte es fest, solange ich kann.

 

Heute geht die Welt noch nicht unter.

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