Kittelschürzenparty!

Nur noch ein paar Tage, dann bin ich fünfzig.

Fünfnull.

Ich glaube es irgendwie noch immer nicht wirklich.

Fünf mal zehn.

Ein halbes Jahrhundert.

Etwas, von dem ich als Kind sicher gedacht hätte:

50? Eine alte Frau.

Aber da liegt ja auch schon der Fehler Nummer 1.

Frau bin ich ja keine. Nicht so richtig.

Und fünfzig?

So fühle ich mich nicht. Also Fehler Nummer 2.

 

Ich habe jetzt das richtige Alter für die erste Darmspiegelung. Nicht, dass ich mich schon darauf freuen würde, aber bevor jetzt jemand den Zeigefinger hebt.... ja ja, ich lasse sie ja machen. Im Herbst oder so.

 

Fünfzig.

Als kleines pagenköpfiges rehäugiges Gör habe ich mir Fünfzigjährige als Kittelschürzen-behangen vorgestellt. Uralt irgendwie. Wie eine Oma. Und tatsächlich... meine Oma war - wahrscheinlich auch schon in diesem Alter - beschürzt. Ich kannte sie eigentlich nicht anders.

Aber jedenfalls könnte ich selbst längst Enkelkinder haben. Wenn ich Kinder hätte. Was ich ja nicht habe.

 

Ich könnte - Vorsicht, Klischee! - Stricken mögen, Schlagermusik, die Füße vor dem Kamin (?) hochzulegen.

Die schmerzenden Füße, wohlgemerkt.

 

Stattdessen höre ich (unter anderem) Heavy Metal und Punk, trage nur deswegen in der Arbeit keine Bandshirts weil sie da nicht erlaubt sind, ich mag Videospiele, Lego, schrägen Humor und als "Hausfrau" bin ich eine Null.

Die schmerzenden Füße habe ich aber auch.

 

Überhaupt - Schmerzen.

Die kommen mir immer wieder mal unter, was vermutlich normal ist in diesem Alter. Zumindest, dass es "beginnt". Außer, man ist supersportlich.

Aktuell habe ich eine knirschende Patellasehne, ein blockiertes Iliosakralgelenk und einen steifen Nacken.

Ich habe einen sitzenden Beruf, versuche es aber wettzumachen, indem ich - oft unnötigerweise - soviel wie möglich herumlaufe.

Gehen ist überhaupt ein Hobby von mir. Wenn ich könnte, ginge ich endlos wie ein Sekundenzeiger.

 

Gehen ist auch besser als Aufstehen.

Früher hieß Aufstehen "sich mit einer fließenden Bewegung erheben".

Ganz so fließend ist das mittlerweile nicht mehr und wird mitunter auch von einem leisen Ächzen begleitet.

Sich zu Weihnachten mit Neffe und Nichte beim Auspacken der Geschenke auf den Boden zu setzen, das bedeutet: In der Zeit, in der die beiden sicher 10x aufgestanden sind und sich wieder hingesetzt haben... blieb ich lieber sitzen. War praktischer. Und beschwerdefreier.

 

Nun, damit niemand denkt, ich wolle mich hier und heute über mein tragisches Ich-werde-alt-Schicksal beschweren: Jaaaa, auch ich weiß, dass es sich nicht aufhalten lässt, in die Jahre zu kommen.

Außer man lässt sich die Falten glätten und gleich auch noch die Lippen aufspritzen, wenn man schon mal dabei ist. Letzteres ist aber am allerwenigsten mein Fall, denn einen Kussmund hab' ich eh (wer will den Beweis?) und spätestens die nicht mal mittzwanzigjährige Supermarktverkäuferin mit den Schlauchbootlippen ist mir ein abschreckendes Beispiel. Wer schon mal ihre kläglichen Versuche, beispielsweise "zwöhfeurofuffzg" damit einigermaßen unfallfrei auszusprechen, beobachtet hat, weiß wovon ich schreibe.

 

Ich dagegen stehe lieber zu meinen Schlauchboot-Tränensäcken, wenn ich am Vorabend mal wieder zuviele Chips vorm Fernseher gegessen habe (was in letzter Zeit zum Glück nicht mehr vorgekommen ist).

Abgesehen von Augenfältchen... na gut, -falten - und einem dezenten schwerkraftmäßig Absinken der Mundwinkel nach Merkel-Art, bin ich sogar mit einem recht jugendlichen Aussehen gesegnet.

Immer mehr graue Haare zwar, aber zumindest immer noch keine Kittelschürze.

Der Hals ist knitterfrei, das Dekolleté... ach so, hab' ich ja keins.

Extrem wichtig wäre noch zu erwähnen, dass speziell meine Handrücken nach blutjungen Anfang-Zwanzig aussehen. Das ist doch schon mal was!

 

Fünzig.

Es ist, wie es ist.

Auch, wenn ich das Wörtchen Dankbarkeit hier schon einige Male ausgepackt habe - hier ist es ebenso wieder angebracht.

 

Ich habe das Glück 50 zu werden.

Als mich als Fast-Vierzigerin die doppelte Krebsdiagnose niedergeprackt hat, nahm ich zwar an, das neue Lebensjahrzehnt beginnen zu dürfen, aber alles darüber hinaus war ein dickes, fettes, schlauchbootförmiges Fragezeichen.

Damals war das oft mein Gedanke: Ich bin doch noch viel zu jung zum Sterben.

Aber eigentlich ist man immer zu jung.

 

Die letzten zehn Jahre waren äußerst turbulent, das darf mir jeder glauben. Nicht nur aufgrund der Erkrankung. Die war letztlich ein relativ schnelles "Intermezzo", aber die Folgen wirken sich bis heute aus, im Guten wie im Schlechten.

Alles davon gehört dazu.

Zum Beispiel meine mehrfachen angefangenen und wieder abgebrochenen Ausbildungen, oder die körperlichen Veränderungen samt der dazugewonnen Erkenntnisse.

Alles hat mich zu dem Menschen geformt, der ich heute bin. Der zwar manchmal immer noch mehr oder weniger plan- und orientierungslos durch's Leben stolpert, aber das tat ich ja schon mit ein oder zwei Jahren.

 

Ich hätte nicht soweit kommen müssen. Tat ich aber.

 

Also auf zum Fünf-Nuller... er ist in Reichweite.

 

Happy birthday tu mi.

Kittelschürzen an - wir feiern!

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    sabine (Dienstag, 24 Januar 2023 13:29)

    *Happy birthday to u, liebe Marlies*