2021 – ist das noch gut oder kann das (endlich) weg?

Was war das doch für ein Jahr! Nicht wahr? *Schenkel klopf *

Oh – nein, nicht nur wegen... hm... da war doch was … ach ja, Corona.

Sondern so insgesamt.

Na gut, nicht in jeder Hinsicht... aber in der Summe, unterm Strich, zusammengefasst, ist es so:

Irgendwie einen Haken dahinter machen und nach vorn schauen – in der Hoffnung, dass sich die komplizierten gordischen Knoten auflösen und die eine oder andere Problematik irgendwie in der Luft verpuffen mögen.

Bitte, danke.

Wie war das mit „Leben“ und „Wunschkonzert“?

 

Aber ich habe da auch einen Denkfehler in der Rechnung.

„Auflösen“ und „Verpuffen“ - das klingt so passiv.

Denn die erfrischend klare Wahrheit ist nämlich: Da muss ich auch noch ein bisserle mitwirken.

 

Der Jahreswechsel ist für so manchen von uns ein Anlass, sich wieder neu auszurichten.

Wir wollen dann an uns „arbeiten“.

Puh... wie streng das klingt.

Aber ja, es gibt halt immer was zu hinterfragen und zu verbessern.

Es müssen ein paar Kilo runter (am besten gleich 20), man will endlich mit Sport anfangen (und dann gleich Leichtathletik Zehnkampf oder so), netter zum Partner sein (das eine oder andere Schimpfwort weglassen zum Beispiel, oder durch ein netter klingendes ersetzen zumindest),

nicht mehr rauchen (nur noch eineinhalb Packungen statt zwei) etc.

Oder – wenn man sich nicht ganz sicher ist oder sich nicht entscheiden kann:

„Halt allgemein gesünder leben und nur noch ganz positiv denken“.

 

Ja, super.

Echt keine schlechte Idee.

Wir zücken also den Schreibblock und notieren alles, bei dem wir in den letzten Jahren (oder speziell im letzten Jahr) so richtig abgestunken haben.

… Nur um am Ende dann ganz deprimiert auf eine lange Liste zu blicken.

Ich Versager!

Es muss alles anders werden. Egal wie – nur anders!

Das Negative aufzuschreiben ist also keine ideale Idee – da wird uns jeder Hobby-Psychologe zustimmen.

 

Viel besser:

Aufschreiben, was man alles erreichen möchte.

… Das ist auch richtig viel, nicht wahr?

Aber auch hier gibt’s ein Problem: es ist ZUviel.

Man kann es zwar, wenn man eisern ist, bestimmt schaffen, sich innerhalb von 12 Monaten vom moppeligen, mieselsüchtigen, energie-entledigten Netflix-Opfer (Wie? Nein, ich rede nicht von mir, sondern verallgemeinere selbstverständlich) zum straffschlanken, bestens gelaunten, energizenden Instagram-Lifestyle-Bobo hochzuarbeiten.

Doch es ist wohl eher unwahrscheinlich (und wohl auch nicht in der Form erstrebenswert).

 

„Setzen Sie sich kleine Ziele“, rät jede Frauenzeitschrift.

Und wisst ihr was? Das ist so verkehrt nicht.

Statt alles gleichzeitig umzureißen, bleibt die Motivation eher aufrecht, wenn wir uns den Lebensveränderungs-Kuchen Bröckchen für Bröckchen in den Mund schieben, anstatt das ganze fette Teil auf einmal runterzuschlingen.

Dann kann man das auch besser „verdauen“ und läuft nicht so sehr Gefahr, alles auf einmal wieder – nun ja – hochzuwürgen.

(Ich glaube übrigens, dass meine Metaphern auch schon mal besser waren.)

 

Die erwähnten 20 kg Gewichtsverlust, die Freizeitsportlerkarriere, nicht selten eine 180 Grad-Verhaltensänderung, Sucht-Eliminierungen usw. usf. - dieser „Stein“ könnte für uns Laien-Sisyphosse etwas zu mächtig sein... humorvolle Übertreibung hin oder her.

Sich auf das zu konzentrieren, was realistisch möglich ist, wäre die bessere Entscheidung.

 

Wir haben alle unsere Probleme und Vorstellungen. (No na.)

Wir haben alle unsere unbehauenen Steine, an die wir den Meißel setzen wollen, um aus etwas Unfertigem, Unförmigen etwas Schönes, Stimmiges zu kreieren.

Auch unsere Ansprüche sind nicht dieselben.

Was für den einen wichtig ist, berührt den anderen kaum. Dafür legt dieser Wert auf etwas völlig anderes.

 

Was möchte ein Multimillionär verändern?

Was eine in Scheidung lebende Alleinerzieherin?

Was der Fußballstar im Karrierehoch?

Was die 90-jährige Seniorenheim-Bewohnerin?

Was... ein krebskranker Mensch?

 

Ich habe auch schon mal einen Jahreswechsel erlebt, als ich mitten in der Therapie steckte.

Eigentlich hat das Datum keine wirkliche Rolle gespielt.

Während eine gesunde Person vermutlich sinnierend in die Zukunft blickt und sich schon auf konkret Erreichbares konzentriert, blicken viele an Krebs erkrankte Menschen … in ein (schwarzes) Loch mit einem dicken Fragezeichen darin.

Das ist mir ebenso ergangen.

 

Ja, JETZT machte es wirklich Sinn mit der „Politik der kleinen Schritte“, denn recht viel weiter als maximal bis zur nächsten Chemo dachte ich nicht voraus.

Gute Vorsätze? Ach geh, hör mir doch auf.

Dem Nikotin entledigt hatte ich mich ja schon - das war ein nicht geringes Guthaben-Polster.

Nun, da ich diesen beschwerlichen Weg gehe, soll ich mich noch mit Besser-mach-Vorsätzen geißeln?

Tu' ich nicht schon genug? Jeden einzelnen Tag?

 

In dem Vertrauen, dass es sich allmählich finden möge, was das Leben tatsächlich von mir will, habe ich mich einfach weiter körperlich, geistig und seelisch darauf ausgerichtet, das „Minimalziel“ zu erreichen – und gleichzeitig doch das HAUPTziel:

 

ICH WILL LEBEN.

 

Alles andere: Nummer ziehen und hinten anstellen.

 

Der letzte Tag des Jahres 2012 war alles in allem kein besonders guter Tag.

Nach 3 Chemozyklen war meine Zytostatika-Zusammensetzung verändert worden, weil mir kräftemäßig zwischendurch die Luft auszugehen drohte (kein Wunder bei der „Bulldozer“-Chemo mit Freundin Taxotere).

An die neuen „Drogen“ musste ich mich erst gewöhnen und hatte am Silvestertag erstmals mit leichter Übelkeit zu kämpfen.

Meine damalige Partnerin und ich fuhren zu einem Diskont-Markt, um noch ein paar Lebensmittel einzukaufen. Mich erschütterte es an dem Tag besonders, mit welcher Vehemenz und Rücksichtslosigkeit die Leute die ihnen ihrer Meinung nach zustehenden Dinge einforderten.

Als ich an der Kühltheke stand und nach der letzten Packung Hühnerfilet greifen wollte, rempelte mich eine Frau zur Seite und schnappte mir das Gewünschte vor der Nase weg.

Auf dem Parkplatz zogen fürchterlich gestresste Leute an mir vorüber, die Arme voller Knallkörper und Feuerwerksraketen. (Wofür ich damals kein Verständnis hatte und heute übrigens immer noch nicht.)

Summa summarum: Ich war froh, als wir wieder zu Hause waren und ich mich auf dem Sofa langmachen konnte.

 

Meine Prioritäten musste ich nicht nochmal überdenken. Böller brauchte ich keine zum Leben, und das Hühnerfilet konnte die Ego-Frau von vorhin auch behalten (auch wenn ich ihr wünschte, es möge in ihrer Pfanne zu finsterer Schwärze verbrutzeln).

 

Ich wollte ja nur eins: LEBEN.

 

Auch nächstes Jahr noch, und das Jahr danach, und wenn es geht, noch viele weitere.

Das hatte ich anderen Leuten vielleicht in dem Moment voraus, mir diese kleinen Schritte vorzustellen und Wichtigkeiten neu zu bewerten, denn während „die Gesunden“ wie selbstverständlich davon ausgehen, dass sie womöglich ewig leben, haben „wir Kranken“ (und irgendwie sehe ich mich da noch solidarisch mit dieser Gemeinschaft verbunden) kitschigerweise „nur“ das Ziel, dass die Krankheit nicht die Oberhand gewinnen möge.

 

Leben.

ÜBERleben.

 

Und dann – wird sich um den Rest gekümmert.

 


BLITZLICHT - der wöchentliche Kommentar vom Beratungsteam der Krebshilfe OÖ

 

Text: Mag. Bettina Plöckinger (Psychoonkologin, Gesundheits- und klinische Psychologin)

 

 

Smarte Vorsätze“

 

Ob zum Jahreswechsel oder zu anderen bedeutsamen Zeitpunkten im Leben, z.B. nach Schicksalsschlägen durch Krankheit, Trennungs- und Verlusterfahrungen oder zu besonderen lebensgeschichtlichen Anlässen (wie z.B. Geburtstagen, diversen Lebensübergängen wie Schulabschluss, Elternschaft, Heirat, Pensionierung, … …) - grundsätzlich macht es durchaus Sinn, immer wieder einmal innezuhalten und Bilanz zu ziehen.

Sich zu überlegen, was zukünftig vielleicht anders und dadurch vielleicht besser laufen soll im eigenen Leben - ob als Jahresvorsatz oder ganz im Allgemeinen, in Gesundheit oder Krankheit.

Es gibt viele Möglichkeiten selber zu einem besseren Wohlbefinden beizutragen; kurz- und langfristige, kleine und größere Ziele helfen dabei.

 

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass große Vorsätze oft sehr schnell wieder verpufft sind, … wie auch Marlies in Ihrem Beitrag schreibt, … manchmal schneller als das Silvesterfeuerwerk am Jahresende.

Doch, wie kann es gelingen die eigenen Vorsätze für ein besseres Leben/ ÜBERleben dauerhaft umzusetzen?

 

Folgendes kann dabei hilfreich sein:

Formulieren Sie „smarte Ziele“, d.h. mit Hilfe der S-M-A-R-T- Methode.

Diese Abkürzungen stehen für:

 

S … Spezifisch

M … Messbar

A … Akzeptiert / attraktiv

R … Realistisch

T … Terminierbar

 

 

S … steht für SPEZIFISCH: Ziele so genau wie möglich definieren

 

Bevor man sich „auf den Weg“ in die Veränderung macht, sollte man festlegen, welches Ziel man ansteuern möchte. Versuchen sie dabei „Annäherungsziele“ statt „Vermeidungsziele“ zu formulieren. Annäherungsziele sind positiv formuliert und sagen das aus, WAS ich in einem bestimmten Lebensbereich, z.B. im Bereich mentale oder physische Gesundheit & Wohlbefinden, Soziale Beziehungen, Freizeit, Arbeit, Finanzen, … u.v.a.m. erreichen möchte.

Durch die positive Formulierung ist das Vorhaben mit angenehmen Gefühlen und Vorstellungen verbunden, dies wirkt gleich belebend und motivierend.

Das Gegenteil wären „Vermeidungsziele“, also Gedanken- oder Verhaltensweisen, die ich unterlassen möchte. Aber wir wissen leider, dass uns das Wörtchen NICHT ein Schnippchen schlägt, denn, wir können z.B. nicht „NICHT an eine Zigarette oder Schokolade denken“!

Je konkreter das Ziel formuliert ist, umso machbarer erscheint es.

  • WAS genau möchte ich erreichen?

  • Welche Vision steht hinter dieser Veränderung?

  • WIE/ Wodurch kann ich mein Ziel erreichen?

 

M … steht für MESSBAR: Erfolge und Teilerfolge sollen überprüfbar sein

 

Es fällt meist leichter durchzuhalten, wenn man ein großes Ziel in messbare Teiletappen zerlegt. Können wir die erreichten einzelnen Meilensteine bewusst nachvollziehen, spricht unser Belohnungssystem positiv an und das Erfolgserlebnis wird dadurch größer.

Versuchen Sie daher allgemeine, schwammige Formulierungen wie „mehr“ (Sport/Bewegung, Gemüse essen, Kontakte pflegen, Freizeit genießen, …) oder „weniger“ (Rauchen, essen, Alkohol trinken, …) zu vermeiden, denn „mehr oder weniger“ ist nicht bzw. schwer messbar.

Nutzen Sie konkrete Termine, Daten & Fakten; sie können Protokolle oder Listen für persönliche Aufzeichnungen führen oder die moderne Technik nutzen (z.B. Apps, Smart-Watches, Geräte, Kleidergröße, Gewicht, Körperfettmessung, Erspartes und co), um ihre Erfolge sichtbar zu machen. Kleine Zwischenerfolge dienen als Motivation zum Weitermachen.

 

 

A … steht für AKZEPTIERT & ATTRAKTIV: das Ziel soll verbindlich und erstrebenswert sein

 

MEIN Ziel soll für MICH persönlich von Bedeutung und hohem Wert sein, dann ist es auch persönlich verbindlich. Weil ICH es will bzw. für sinnvoll erachte.

Ganz entscheidend ist dabei, dass ich mir Gedanken darüber mache, WAS genau ICH selber wirklich (verändern) will und/oder erreichen kann.

Gibt es mehrere persönliche Ziele ist es sinnvoll Prioritäten zu setzen oder vielleicht lässt sich ja das eine mit dem anderen Ziel positiv und genussvoll verbinden?!

 

Hilfreich kann auch sein, eine Umwelt oder Person aufzusuchen, die meine Motivation fördert und mich bestärkt. Suchen Sie sich unterstützende Personen, die Ihnen bei der Umsetzung helfen oder Gleichgesinnte, die ebenfalls den gleichen Vorsatz verfolgen. So können Sie sich gegenseitig bei Tiefpunkten motivieren und vieles macht gemeinsam einfach mehr Spaß.

 

 

     R … steht für persönlich REALISTISCH umsetzbar: das Ziel sollte tatsächlich und erreichbar sein

 

Formulieren Sie Ziele mit realistischen Erfolgswahrscheinlichkeiten. Zu hoch gesteckte Ziele führen rasch zu Enttäuschung, Enttäuschung führt zu Frustration und Frustration zu Demotivation.

Gehen Sie nach dem Motto „weniger ist mehr“ vor, dafür ziehen Sie es konsequent durch – steigern können Sie sich immer noch.

Ziele sollen nicht nur step by step erreichbar sein, sondern auch innerhalb der eigenen Kontrolle liegen. Jeder von uns hat nur begrenzte Ressourcen.

Formulieren Sie „Handlungsziele“ statt Wunschziele“. Handlungsziele sind durch eigene Handlungen, d.h. eigenen Einsatz erreichbar.

Wunschziele hängen von anderen (äußeren) Einflüssen ab, z.B. dem Schicksal, Glück, Gott, dem Zufall, … usw.

 

 

T … steht für TERMINIERBAR: es sollte eine klare Zeit und/oder Terminvorgabe geben

 

Machen Sie sich einen Plan und tragen Sie sich konkrete Termine im Kalender ein.

Setzen Sie sich einen zeitlichen Rahmen bzw. eine Frist oder einen Endtermin, auf den Sie hinarbeiten können.

Nutzen Sie vorgegebene Strukturen und Angebote oder fixe Verabredungen mit Gleichgesinnten; auch Erinnerungshilfen der modernen Technik (z.B. Wecker am Smartphone) können hilfreich sein.

Überlegen Sie sich „Wenn-Dann-Pläne“; d.h. welche Hindernisse (z.B. fehlende Zeit, schlechtes Wetter, keine Lust, Müdigkeit, …) könnten auftreten und was mache ich dann? Wann könnte ich mein Vorhaben nachholen/ aufholen? Wer oder was könnte mich motivieren? (andere Personen?, Musik?, Belohnung?, …).

 

Ein SMART-Ziel für den Bereich „Bewegung/ Freizeit/ Erholung/ Stressmanagement/Soziale Kontakte“ könnte somit folglich lauten:

 

Ich werde dieses Jahr, jeden Mittwoch, nachmittags, zwischen 14 und 16 Uhr das Krebshilfeangebot „Gemeinsames Gehen“ für mein Wohlbefinden nutzen.

(Gehend, achtsam, in meinem Tempo, auf meine Grenzen achten, mich draußen, auch bei Schlechtwetter bewegen, in netter Gesellschaft, Kontakte pflegen, frische Luft tanken, die Natur genießen, mir eine Auszeit gönnen, mich vitaler fühlen, Muskelmasse aufbauen, mich fordern statt überfordern, … ).

 

Bei allen guten Vorsätzen (für das neue Jahr) und den Anregungen zur Umsetzung ist eines besonders wichtig:

Wenn Ihnen ein Vorsatz nicht gleich gelingt, seien Sie nicht zu streng mit sich selber!

 

Erfolg ist eine Treppe … und keine Tür“

 

 Gutes Gelingen beim Umsetzen!

 

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