Ch-ch-ch-changes! * - Teil 1


... Song von David Bowie

Antihormontherapie, Tag 1.

Mit einem nicht gerade geringen Gefühl von Ehrfurcht warf ich am 1. Mai 2013 die erste Tablette Tamoxifen ein.

Ich stand auf dem Klo (ja ja, ich weiß, schon wieder ein Klo... langsam wird's zum Fetisch!) im "Polsterstüberl" nahe des Ausflugsziels Schiederweiher im oberösterreichischen Stodertal. Auf der Terrasse warteten Hascheeknödel mit Gulaschsaft und Sauerkraut auf mich.

Tja, was man sich so alles merkt...

 

Antihormontherapie, Tag 1, wie gesagt.

Mir war bewusst, dass die tägliche Tabletteneinnahme, die ich im Laufe der nächsten fünf Jahre (aus denen zehn werden sollten) massiv in meinen Körper bzw. dessen Hormonhaushalt eingreifen würde.

Andererseits: Was kann einen nach einer nicht gerade schwach dosierten Chemotherapie schon großartig schrecken?

 

Mein Brustkrebs war hormonpositiv, das heißt die weiblichen Hormone Östrogen und Progesteron standen im Verdacht, das Brustkrebszellen-Wachstum zu beeinflussen.

Nachdem Chemotherapie und Bestrahlung nichts als verbrannte Erde hinterlassen und dem Schurken den Garaus gemacht hatten, musste man also dafür sorgen, dass das Spiel - wenn möglich - nicht wieder von vorne begann. Das sollte in Form der Antihormontherapie geschehen, die die Hormonrezeptoren blockieren - und mich abrupt in den verfrühten Wechsel schicken würde.

Schon ein leicht mulmiges Gefühl, doch es gelang mir - wie schon bei der Chemo - es pragmatisch zu sehen.

Für mich war die Antihormontherapie eine weitere Option zur Vermeidung des Wiederauftretens der Erkrankung, und diese Option nahm ich mehr als gerne in Anspruch - schon alleine deshalb, weil nicht jede Frau mit Brustkrebs die Möglichkeit dazu hat, in medikamentöser Hinsicht aktiv etwas zu unternehmen (was heißen soll, dass es auch hormonnegative Tumoren gibt).

(Und weil das noch nicht reichte, war ich auch noch Her2/neu-positiv, was einen weiteren Wachstumsfaktor-Rezeptor darstellte - und dafür erhielt ich ein ganzes Jahr lang regelmäßige Infusionen ... sprich: eine Antikörpertherapie. Auch das nahm ich dankend an.)

 

Die Wirkung des Tamoxifen-Wirkstoffs ließ nicht lange auf sich warten.

Meine Periode kam auf reguläre Weise nicht wieder, und das war nicht überraschend. Bereits nach der ersten Chemo-Gabe hatte sie den Rückzug angetreten.

Doch bevor Gebärmutter, Eierstöcke etc. ihre Dienste einstellen und - bildlich und überzeichnet gesprochen - in sich zusammenschrumpeln sollten, gab es nach einigen Wochen erst einmal ein blutiges Drama, das mich um 4 Uhr früh in die Notaufnahme jagte und dessen genauen Ablauf ich euch gnädigerweise erspare. Nur soviel: Es handelte sich um eine durchaus normale Erstreaktion auf diesen Hormon-ch-ch-ch-change (und darauf hatte mich leider von ärztlicher Seite niemand vorbereitet, aber nun gut...).

Einen Haufen Infusionen und zwei Kürettagen später gewöhnte sich mein neues menopausales Ich allmählich an die Situation........ bzw. es war der Versuch da.

 

Denn die bis dato heftigste Reaktion zeigte sich erst nach einigen Wochen: der Anlaufschmerz.

Aufgrund der Chemo wusste ich ja schon, wie ich mit Muskel- und Gelenkschmerzen umzugehen hatte, aber die antihormonelle Nebenwirkungsteufelei trieb es auf die Spitze.

Wenn ich einige oder auch längere Zeit auf dem Sofa saß oder lag und mich dann zu erheben wagte, bewegte ich mich wie eine arthritisch und rheumatisch geplagte Mindestens-Neunzigjährige (und fühlte mich auch so).

Mein Körper war ein einziger Schmerzklumpen.

Am spaßigsten (ha ha) war das morgendliche Aufstehen, das einige Zeit nur mittels langsamem Hochziehen am neben dem Bett stehenden Bücherregal möglich war.

 

Es dauerte seine Zeit, bis ich den Gedanken aus dem Kopf bekam, dass das nicht Knochenmetastasen, sondern eben "normale" Tamoxifen-Nebenwirkungen waren.

Und: Ich wusste nicht, wie ich das ganze fünf Jahre aushalten sollte, aber ich versuchte möglichst wenig darüber nachzudenken.

Zum Glück - das darf ich vorweg nehmen - verschwand die Knochen-und-Muskel-Pein im Laufe der nächsten Monate im Großen und Ganzen wieder. Allerdings ist es so, dass ich auch heute - 8 Jahre nach der ersten Tabletten-Einnahme - immer mal wieder mit störrischen Muskeln und "Scharnieren" zu tun habe. Fragt mal meine Fußgelenke in der Nacht...

 

Warum das alles mitunter recht heftig über die Bühne ging, lässt sich damit erklären, dass es mir eben nicht vergönnt war, langsam in die Wechseljahre "hinüberzugleiten", wie es sonst bei den meisten Frauen der Fall ist.

Stattdessen wurde meinem weiblichen Hormonhaushalt nicht nur das Licht einfach ausgeknipst, nein, die Glühbirne wurde auch noch zertrümmert. (Bildsprache? Kann ich.)

Aber wie gesagt: Nahm und nehm ich alles in Kauf. Alles ist besser als wieder Krebs zu kriegen.

 

Die Mutter aller (meiner) Antihormontherapie-Nebenwirkungen haben wir jedoch noch immer nicht angeschnitten, doch das hebe ich mir für den - gewiss sehr schweißtreibenden - zweiten Teil in der kommenden Woche auf.

 

Begleitet mich also weiter auf meiner Reise - wie gewohnt möglichst genderless und passenderweise auch großteils hormonfrei - jedoch sicher nicht humorfrei.

(Gelungene Überleitungen? Kann ich.... nicht so. ;-))

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