Wie man mit Druck umgeht

Nun also doch.

Lebensweisheiten, Ratgebersprüche, erhobene Zeigefinger und Wahrheiten aus dem Poesiealbum?

Wie man mit Druck umgeht.

Von einer, die es ja wissen muss. Oder so.

 

Erwartungsvoll richten sich eure Blicke auf den nachfolgenden Text.

Was wird sie raushauen? Wie nackig wird sie sich machen? Wie sehr wird sie wieder aus dem Nähkästchen plaudern?

 

Nun... gar nicht.

Ich schreibe über das älteste Thema der Menschheit.

Druck.

Es gibt kein Leben ohne.

 

Schon als Neugeborenes verspüren wir Druck, Atem holen zu müssen, weil wir sonst nicht (über)leben können.

Kinder sind im wahrsten Sinne des Wortes unschuldig, frei von Vorurteilen, von Natur aus neugierig auf die Welt... und bereits sie sind früh einem Erwartungsdruck ausgesetzt.

 

Dem der Gesellschaft, in das sich das Kind zu integrieren hat: brav sein, nicht laut sein, nicht herumlaufen, still sitzen, bloß nicht im Schlamm wälzen....,

dem der Eltern (Sollte mein Kind nicht schon den Löffel alleine halten können? Sollte es nicht schon größer/koordinierter/klüger/artiger sein?),

dem des Bildungssystems (mit dem Bauklotz bitteschön Türme bauen und keine Kinderhinterköpfe einschlagen, in der Volksschule mindestens nur Einser, ein Musikinstrument spielen müssen oder Turnjuniorenlandesmeister(in) werden usw.)

 

Das sind ein paar Beispiele, teilweise ein wenig (aber nicht viel!) überspitzt dargestellt.

Es ist also schon eine Menge Druck, dem bereits ein kleines Kind ausgesetzt ist. Früh stellt es fest: Wer seinen/ihren eigenen Weg geht und sich nicht den Erwartungen unterordnet, wird zumindest mal ermahnt, und wenn das nicht hilft, ausgeschimpft.

Klar gibt es Regeln, ohne die eine Gesellschaft nicht funktionieren würde, und auch darüber hinaus ist die Spannbreite, in welche Richtung ein Kind mitunter geschoben oder geschubst wird, groß. Da sind Hubschrauber-Eltern, dort sind welche, die nur mit den Schultern zucken und "mal machen" lassen. Und natürlich gibt es auch die fürsorglichen, liebevollen Eltern, die genau die richtige Mischung finden, damit sich der/die kleine Erdenbürger/in voll entfalten kann.

Auch die Gesellschaft hat, wenn man nicht gerade in einem totalitären Staat lebt (nein, ich will jetzt nichts von den Coronaleugnern hören), sicher nichts im Sinn, was uns als Menschen Schaden zufügen soll.

Und doch sorgt die rasante Entwicklung von eigentlich allem dafür, dass man auf den Schneller-höher-weiter-Zug aufspringen MUSS, wenn man nicht gerade als halbwüchsiges Lebewesen ein so stählernes Selbstbewusstsein hat, um unbeirrt unkonventionelle Wege zu beschreiten und Risiken einzugehen.

Diese Mittel hat vielleicht Kevin-allein-zu-Haus, aber nicht Paul-Felix von der Hintertupfinger-Siedlung.

 

Es ist also schwer und nicht zu unterschätzen, was bereits Kindern und später Jugendlichen aufgelastet wird.

Hinzu kommt noch der Druck der Gleichaltrigen: Sei nicht dünn/dick/hässlich/langsam/uncool/schwul/ausländisch oder alles zusammen. Sei wie WIR. Tanz nicht aus der Reihe. Bist du anders, lassen wir es dich spüren. (Auch hier wieder: Überspitzt formuliert, doch in der Grundaussage wahr.)

 

Ich persönlich habe den größten Druck verspürt, als ich "offiziell" erwachsen wurde, indem ich von zu Hause auszog und mein eigenes Leben eigenständig zu leben begann.

Neue Umgebung, eigene Wohnung, erste Arbeitsstelle, neuer Freundeskreis ... und all das händeln, ohne den Verstand zu verlieren. Das ist schon viel.

Du springst in die Spur, in die jeder springt. Natürlich wirst du eigene, individuelle Wege gehen (wollen), aber dennoch ist da nicht mehr die Hand von Mama und Papa, die dich führt und niemand mehr, der dich sofort tröstet, wenn du dir das Knie aufgeschlagen hast oder jemand anderer gemein zu dir ist.

Es obliegt jetzt dir, damit zurechtzukommen.

 

Ich kann die Wendepunkte in meinem Leben, in denen ich Altes abgeschlossen und Neues begonnen und mich darauf eingestellt und oft - nicht immer - auch gut gemeistert habe, nicht mehr zählen.

Ihr habt es wahrscheinlich schon erraten: Meine Krankheit war die "Mutter aller Wendepunkte".

Unmittelbar danach, aber auch in den Jahren, die folgten (und damit auch gegenwärtig) hinterfragte ich immer öfter das, was war, was ich war, was mich ausmachte und wie ich mich dabei fühlte.

Manchmal, wenn die Kraft und der Mut zur Umwälzung noch fehlten, bereitete ich mich eben darauf vor... und irgendwann gelang es dann.

Wenn ich dann auf die Nase fiel, vordergründig gesehen "scheiterte" oder Rückschläge hinnehmen musste, sammelte ich erneut besagte Kraft und besagten Mut und versuchte es halt wieder.

Dabei immer mit dem Fokus nicht nur nach außen, sondern auch nach innen ... und dem Hinterfragen: Was will ich? Was will ich nicht?

Ich wusste aber und weiß es noch, dass ich 100%ig hinter etwas stehe, wenn ich zu 100% davon überzeugt bin, dass etwas MEINS ist.

Stellt sich heraus, dass es das nicht ist, lasse ich davon ab und entscheide mich in diesem Moment nicht gegen mich, sondern klar für mich.

Andererseits kann ich mich aber auch auf mein Gefühl verlassen, wenn ich mich mit etwas voll und ganz identifiziere.

 

Man kommt nicht ohne Druck durch's Leben. Es ist einerseits der, den wir uns selbst angedeihen lassen (man kann das auch Selbstmotivation nennen) und andererseits der, der von außen kommt.

Beides gilt es zu stemmen, und das gelingt mal besser, mal schlechter.

Wichtig ist, den Fokus auf sich selbst nicht zu verlieren.

Manchmal schadet es auch nicht, sich von Emotionen nicht übermannen und soweit beeinflussen zu lassen, dass man Situationen dramatischer einschätzt, als sie es sind. Auch dazu gehört:

Bei sich bleiben, und wenn man das nicht ist: wieder zu sich zurückfinden.

 

Ich kann das mit Musik. Ich kann es immer mit Musik.

Ich kann das im Austausch mit meiner Schwester. (❤️)

Ich kann das, indem ich mich immer wieder mir selbst annähere, den berühmten Schritt zur Seite mache, den Fokus neu justiere und festige...

 

... und am allermeisten hilft es mir (obwohl es genau das ist, was mir oft am schwersten fällt):

gut zu mir selbst zu sein, meine Leistungen, meine Entwicklungen, mein ganzes SEIN anzuerkennen und zu loben. Jawoll: mich selbst zu loben.

Denn es ist eine ganze Menge, was ich in den letzten Jahren geleistet habe.

Jede/r von uns hat das, aber wir übersehen es viel zu oft.

 

Es schadet also nicht, dem Druck hin und wieder zu entschlüpfen. Wenn das schon in der Realität nur schwer geht, so sind wir innerlich doch immer genauso FREI, wie wir uns entscheiden es zu sein.

Wenn einem das Leben viel abverlangt, sitzen doch wir selbst an den Stellschrauben... wenn wir nur unsere anfängliche Lähmung überwinden.

Das gilt für viele Situationen, seien es der Diagnoseschock (und der darauffolgende DRUCK, gesund und wieder leistungsfähig werden zu müssen) oder andere Situationen (Job, Familie etc.)

 

Dem Druck mit Gelassenheit zu begegnen - das zu raten, würde mich dann doch zu sehr in die Nähe der Kalendersprüche bringen.

Wissen wir eh, dass das hilft...

... und ist oft am schwierigsten, und ich kann nicht etwas glaubwürdig vermitteln, was mir selbst nicht immer gelingt. ;-)

 

Ihr müsst also selbst da durch, Freunde.

Ihr holt euch vielleicht ein paar blutige Wunden von den Kopfnüssen, die das Leben verteilt.

Oder ihr seid ganz ohmmmm-gechillt, so dass alles von euch abprallt - das ist auch schön.

Wichtig ist: Ihr findet euren ureigenen Weg, der sich ohnehin nicht vorschreiben lässt.

Wenn ihr ihn gefunden habt (und selbst wenn das bedeutet, dass sich das Spielchen jeden Tag mehrfach wiederholen muss) ... dann werdet ihr es wissen.

Garantiert!

 

~.~

 

Das Leben: ... nicht!

Marlies: Wie bitte?

Das Leben: Garantiert ... nicht!

Marlies: Aufmüpfig, was?

Das Leben: Nur realistisch.

Marlies: Geh bitte. Wir können das ja nicht so schreiben.

Das Leben: Also doch lieber Poesiealben-Sprüche, gell?

Marlies: Ach, sei doch ruhig.

Das Leben: Du weißt, dass ich das nicht bin. Nie. Niiiiiie.

Marlies: Du kannst manchmal so ein Arschloch sein.

Das Leben: Und du willst denen da draußen verkaufen, du hättest die Weisheiten des Lebens gepachtet. Also... meine Weisheiten.

Marlies: Pssscht!! Ich kann ja auch nicht jede Woche nur Schmunzelbeiträge raushauen. Da nimmt mich doch bald keiner mehr ernst.

Das Leben: Als würde-

Marlies: Sei still!

Das Leben: Du kannst mich nicht immer mundtot machen, Marlies. Ich mach' sowieso, was ich will.

Marlies: Da hab' ich ein Wörtchen mitzureden.

Das Leben: Und wie, bitteschön, willst du das machen?

Marlies: So wie bisher auch. *tätschel* Dich nicht immer ganz ernst nehmen.

Das Leben: ....

Marlies: Tja, da bist du jetzt sprachlos. Besser so. Ich hab' auch genug von den Diskussionen. Das Gemüse für den Mittagssalat schnippelt sich nämlich nicht von allein.

Das Leben: Bitte kein Feta.

Marlies: Wie?

Das Leben: Der letztens war irgendwie schlecht. Kannst du nicht stattdessen Mozzarella nehmen?

Marlies:Ich? Ich schätze... ich kann fast alles, was ich will.

Das Leben: Das war schon wieder ein Kalenderspruch.

 

ENDE.

 

 

 

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