Danke, Dose Bier!

Lasst uns über Silvester reden.

Dieses Jahr war alles anders.

.... Nein, das lag nicht am C-Wort, das ich heute nicht in den Mund nehmen werde (und ich rede jetzt nicht von "Cancer").

Das lag bei mir diesmal an... Totalverweigerung.

 

Totalverweigerung nicht in Bezug auf Party, Feuerwerk und Sektkorken.

Sondern Totalverweigerung in Form der meist üblichen "Innenschau", der Reflexion und des Vorausblicks.

 

Nein, nein, damit wir uns nicht falsch verstehen: Mir ist das neue Jahr - genauso wie vermutlich auch euch - natürlich nicht wurscht.

Und ja, selbstverständlich habe ich mit mir selbst einen kurzen Monolog abgehalten über das, was ich mir für das neue Jahr wünsche.

 

Aber was ich nicht getan habe: Ich hing nicht mit tränenfeuchten Augen über der Balkonbrüstung, den Blick auf die "blühenden" Feuerwerksexplosionen gerichtet (ginge ja auch perspektivisch nicht), den letzten Tropfen aus der Sektflöte schlürfend und feierlich das Mantra verkündend:

"Das wird mein Jahr!"

 

Schluchz!

 

Nein nein, nix da. Geht mir weg damit! Mich wird weder der Blitz noch der Schlag treffen, wenn ich dieses Jahr keinen Seelenstriptease für mich selbst veranstalte.

Alle Ziele erreicht? Immer noch Übergewicht? Da muss ich was tun! Und ich lasse mich immer noch zu schnell stressen und sage zuwenig meine Meinung! - Na und? Easy easy .... Das alles werde ich auch am 1. Jänner nicht plötzlich verwirklichen - wie war das nochmal mit dem Stressen?

 

Und dann diese schnarchlangweiligen, immergleichen Ausblicke und Vorsätze, das neue Jahr betreffend.

Nicht mehr rauchen! - Oh, das Thema ist ja schon längst erledigt.

Mehr Bewegung!

Am besten gleich 50 kg abnehmen!

Alle Menschen friedlich in mein Herz schließen!

Na klar.

 

Wie mach' ich das alles überhaupt bzw. was hilft mir dabei?

Genau! Ausräuchern! Mich mit allen Sinnen öffnen... z.B. den Raunächten! Für die ich nämlich empfänglich bin, falls ihr das nicht wisst. Die Schleier zwischen den Lebenden und den Toten sind in diesen Tagen dünn, wie ich letztes Jahr (ach so, nein - vorletztes Jahr) deutlich erleben durfte. Die Wilde Jagd ist im Gange! Ich wünsche mir außerdem vom Universum am besten gleich Gesundheit, Kohle, eine glänzende Karriere, eine neue Liebe und dass ich mir mal nicht wegen jedem Scheiß Sorgen mache.

 

Schau an, werdet ihr jetzt sagen - jetzt schnappt sie über.

Macht sich auch noch über Esoooterik lustig.

Nur: Ich halte das nicht für Esoterik, sondern es sind Dinge, die ich durchaus in meinem Leben begrüße, von denen ich überzeugt bin und denen ich mich auch öffne.

Aber nicht dieses Mal.

 

Letztes Jahr (ach verdammt... voooorletztes Jahr, ihr wisst schon) habe ich Zettelchen an meinen Kleiderschrank geheftet, mit allem, was ich mir für das Jahr 2020 vornehme.

Man kann ja echt nicht sagen, dass ich mir keine Mühe gebe.

 

Nun ja... die 2020-Zettel hängen und stauben immer noch an den Kastentüren vor sich hin - ich war nur zu faul, um sie abzunehmen. Das meiste davon gilt schließlich eh immer noch auch für dieses Jahr, nicht wahr? Selbstredend habe ich auch keine neuen aufgeklebt. Nur gedanklich... ein bisschen.

 

Dieses Jahr hatte ich keinen Bock.

Nicht auf Sentimentalitäten, Melancholie, Rückblicke, Vorausblicke, Lebensfragen, Auflösungen von Sinnkrisen.

Stattdessen hatte ich Lust auf Chips, Frizzante, dämliche Fernsehshows und dem Mitverfolgen verbotener Silvesterpartys von meinem Balkon aus. Und dem Gazastreifen-Knallen da draußen, ganz ohne Gazastreifen.

 

Ich hab' sie nicht vergessen, all die - trotz allem - schönen Dinge, die mir 2020 widerfahren sind, und ich werde mindestens genauso dankbar dafür sein, wenn ich ausnahmsweise mal NICHT mit starkem Rückgrat auf einem einsamen Hügel stehe, die Tränen wegblinzle, die über meine histaminallergisch-geröteten Wangerln hinabzurollen drohen und dabei ergriffen vor mich hinflüstere:

"Danke, Gott!" (Oder wer auch immer.)

 

Vielleicht kann man es selbstoptimierungsmüde nennen, oder dass ich wenigstens einmal das ständige Reflektieren und Seelenauswringen satt habe...

.... und hey, ich fühle mich GUT dabei!

 

2021 wird auch so stattfinden, und 2021 weiß ganz ohne persönliche Neuerfindung meinerseits, was ich will und was ich nicht will... was ich brauche und was ich nicht brauche.

Und was ich bla bla bla.

Lieber den Herrgott mal einen lieben Mann sein lassen, wie meine Oma sagen würde...

....und einfach mal NIX tun und NIX denken.

 

Nächstes Jahr kann ich ja dann wieder seufzend den Blick nach innen richten, resümieren und reüssieren. Ich kann Palo Santo räuchern, Lebensziele auf Pergamentrollen verewigen, Menschen umarmen (oh ja - ich werde Menschen umarmen!!), melancholisch und dankbar sein und den jungen Morgen eines jungen Tages eines jungen Jahres begrüßen...

 

... aber heute, am 3. Tag des aktuellen Jahres (ich schreib' das gerade am 3. Jänner - ihr habt es erraten) habe ich nur noch Lust auf den Aluminiumzylinder, der im Kühlschrank von Silvester übriggeblieben ist und auf mich wartet.

Danke, Dose Bier! *schluchz*

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Kommentare: 1
  • #1

    Rösi (Dienstag, 05 Januar 2021 19:54)

    Super du meine talentierte Marlies ! �����