Auch du verdienst einen Raffi!

Okay, hier kommt ein Outing!

 

Mit 47 Jahren ist man nicht zu alt für ein Kuscheltier.

 

Und bitte - das ist nicht einfach nur irgendein Kuscheltier.

Das, Damen und Herren, ist RAFFI.

Raffi hat niedliche Ohren, schöne (genähte) Wimpern und einen langen Hals. Gut, den sieht man auf dem Foto jetzt nicht unbedingt. Dafür umso besser sein Gesicht.

In dieses Gesicht sah ich im Mai 2018, als ich in einem Kaufhaus in Passau stand. In einer Schütte mit Plüschtieren lag er: Raffi. Damals noch namenlos.

 

Es ist seltsam. Plüschtiere schneiden mir immer ins Herz - das ist schon so, seit ich ein Kind bin.

Mit Puppen konnte ich nie so richtig, dazu war (und bin) ich einfach zu wenig Mädchen. Die Stoffkameraden fanden sich auch nicht so zahlreich in meinem Kinderzimmer - diese wanderten dafür aber auch direkt in mein Kinderherz.

Da war mal Hansi, der Bär, mit seinen Knopfaugen. Hansi war ursprünglich mal ein nackter Bär, wenn sich nicht meine Mutter erbarmt und ihm eine dunkelgrüne Jacke und eine orangefarbene (oder war es doch mehr rosa?) Hose gestrickt hätte. Den Hansi, den liebte ich, den legte ich äußerst selten weg.

Es gibt ein Foto, das ich noch gut im Kopf, aber leider nicht mehr zur Hand habe. Ich war etwa 4 Jahre alt und stand auf der Motorhaube der Familienkutsche, eines weißen Renault R4. Ich hatte Zöpfe wie Pippi, lachte übers ganze Gesicht und hatte meinen treuen Freund Hansi im Arm.

 

Ca. 43 Jahre später habe ich keine Zöpfe mehr, eine Auto-Motorhaube hält mich auch nicht mehr aus, und der Hansi... ruht in Frieden irgendwo in einer Schachtel bei meinen Eltern.

Aber dafür habe ich ja jetzt den Raffi.

 

Da stand ich also in dem Kaufhaus in Passau, und eigentlich ging es mir nicht besonders gut. Ich war frisch getrennt und machte einen Kurzurlaub alleine in meiner deutschen Lieblingsstadt. Die Leere in meinem Herzen kompensierte ich mit Hilfe des Einkaufs jeder Menge CDs (eh klar), und dann stand ich auf einmal da, mit diesem gescheckten Kuscheltier.

 

Na geh... echt... den kaufst jetzt aber nicht. Du bist schon lange erwachsen. Denk dran... die schneiden dir immer so ins Herz.

 

Ich legte die namenlose Mini-Giraffe wieder hin und wandte mich der CD-Abteilung zu. Aber kurz darauf zog es mich wieder zurück zu den Stofftieren.

 

Also, süß ist der schon. Eine Giraffe habe ich so in der Art noch nie gesehen, alle anderen Viecher gibt es ja zuhauf. DIESE AUGEN!

 

Ich schüttelte den Kopf, legte das Plüschtier wieder hin (aber ganz behutsam).

 

Du brauchst gerade ein kleines bisschen Liebe, die du jemandem schenken kannst. Und dadurch... bekommst du diese Liebe irgendwie auch wieder zurück.

 

Ich nahm die Giraffe, ging zur Kasse und zahlte.

 

Im Hotel bekam meine Neuerwerbung einen Platz auf dem Nachtkästchen und einen Namen: Raffi. Nicht sehr originell, aber doch naheliegend.

Ich fühlte mich nicht kindisch und nicht komisch. Der kleine Kerl mit seinem milden Lächeln (so denn Giraffen überhaupt lächeln können... diese kann es) hatte mein Herz im Sturm erobert und kittete prompt ein paar Risse, das es in letzter Zeit erhalten hatte.

Auf diese spezielle Weise können das eben nur Plüschtiere.

 

Raffi hat einen Umzug miterlebt, einige mehr oder weniger spektakuläre Ups and Downs, und er trägt das alles mit, da auf seinem prominenten Platz auf dem (natürlich!) Nachtkästchen zu Hause. Er hört sich mein Gefluche an, mein Mit-mir-selbst-Gequassel, meine zeitweiligen Ohne-Punkt-und-Komma-Telefonate, Musik von Frank Sinatra bis Cannibal Corpse, und manchmal setzt er ein wenig Staub an (wenn seine Besitzerin es mit dem Putzen wieder mal nicht so genau nimmt).

 

Raffi ist eine geduldige Giraffe.

Und süß wie eh und je, seit ich ihn kaufte... ich korrigiere: seit er mich auswählte, um ihn zu kaufen.

Und ganz bestimmt bestimmt schneidet er bittersüß in mein Herz.

Wie Hansi damals.

 

Das mit dem "ins Herz schneiden" kann ich übrigens nicht erklären. Das ist einfach so. Das und das Kitten der Risse ist zwar ein Widerspruch, aber auch das ist halt einfach so.

 

Warum ich euch das alles jetzt so erzähle?

Füllmaterial?

Fällt ihr nach der 14-tägigen Pause schon nix mehr ein?

Sollte sie nicht eigentlich Weisheiten zum Thema Corona von sich geben?

Oder - wie vorgeschlagen - zu Social Distancing?

Und was hat das Ganze eigentlich mit Krebs zu tun?

Nun... eigentlich gar nix.

 

Aber es soll zeigen, dass es manchmal wichtig ist, innezuhalten und sein Herz für die sogenannten "kindischen" Banalitäten ein Stück weit offenzuhalten.

In Zeiten wie diesen, die wir gerade haben, können wir ein wenig "Kindischsein" nämlich gut brauchen.

Da ist dieser geliebte Mensch an deiner Seite? Zeig' es ihm und nimm ihn in den Arm.

Und wenn da niemand ist, bist du trotzdem nicht allein.

Auch du hast bestimmt einen Raffi, und falls nicht, dann darfst du dir einen gönnen.

 

Wir können alle gerade Liebe brauchen, im Großen und im Kleinen.

Besinnen wir uns darauf, und das nicht nur in Krisenzeiten.

 

Gebt auf euch acht.

🧸

 

 

 

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