"Verdammt guter Kaffee!"*


*Agent Dale Cooper (Twin Peaks)

"Der letzte g'scheide Kaffee für ...na ja... zwei Tage", habe ich auf Facebook gepostet. Im Jänner 2014 war das, und es war kurz vor meiner zweiten (freiwilligen) Brust-OP. Zu mir genommen habe ich ihn im Café des Krankenhauses meines Vertrauens.

Während ich in einer Sportzeitschrift blätterte, genoss ich jeden einzelnen Schluck. Diese CREMA! Dieser feine Rööööstbohnen-Geschmack... und der Abgang - so gar nicht holzig.

Ich war selig.

Ich war im Kaffee-Himmel.

 

Dann - vorbei. Nüchtern sein. Operation.

 

... Bis ich mich am übernächsten Tag wieder den Koffein-Freuden zuwenden konnte, auch wenn das erst einmal bedeutete:

 

Krankenhaus-Kaffee.

 

Bitte auf der Zunge zergehen lassen:

Krankenhaus-Kaffee.

Ihr wisst schon: Das dünne Heißgetränk, das meist eh nicht mehr wirklich heiß ist, wenn es in der Metallkanne serviert wird.

Nächster Check: das Aussehen. KEINE Crema. Ja, was habt IHR denn gedacht? Nein - natürlich Filter. Blass-schwarz und mit viel gutem Willen café au lait-farben, wenn denn dann die Milch mit drinschwimmt.

Kosten wir mal.

Nein - nicht, dass ihr jetzt denkt, dass eine flammende Hassrede folgt aufgrund womöglich abscheulicher Kaffee-Perversitäten, die mir die Mundhöhle und den Magen beleidigen und überhaupt.

Na, kommt schon, ihr wisst doch - es ist nun mal Krankenhaus-Kaffee.

Wer erwartet da ernsthaft, dass sich George Clooney auf die Bettkante setzt, einem die Tasse reicht und sein süffisantes "What else?" vom Stapel lässt?

Die Erwartungen sind also ohnehin niedrig, und seien wir mal ehrlich: Nach über einem Tag Abstinenz und mit der Erleichterung im Herzen, eine gar nicht mal so läppische Operation hinter sich gebracht haben, schmeckt ALLES Kaffeeähnliche wie die reinste Gourmet-Sorte. Word, George!

 

Interessant wird es dann, wenn man schon einige Tage stationären Aufenthalt hinter sich gebracht hat. In meinem Fall war das nach der Melanom-OP, als mein Bein fast 14 Tage in der Waagrechten ruhen sollte, damit die transplantierte Haut gut heilen konnte.

Da ist es dann tatsächlich so, dass sich die positive Beziehung zum Highlight Krankenhaus-Kaffee wandelt. Nach ein paar Tagen hängt einem die Plörre langsam zum Hals raus, und genaugenommen ist es nach 12-13 Tagen so, dass man sich schon vor dem Geruch ekelt.

(Kurzer Zwischeneinwurf: Ja, warum bestellt sie sich denn dann nicht Tee statt Kaffee? - Jaahaaaa, hab' ich gemacht, aber ich bin immer wieder zum Kaffee zurückgekehrt, in der Hoffnung, dass er diesmal wieder besser schmecken möge. Und weil man sich auf Tee einfach nicht so freut wie auf Kaffee. Ich zumindest.)

 

Aber das ist alles lächerlich im Vergleich zu den geschmacklichen Absonderlichkeiten, die meine Mundschleimhaut erdulden musste, zum ungefähren Zeitpunkt des 5. und 6. Chemozyklus.

Nicht nur, dass ich da kräftemäßig schon ziemlich am Limit war - jetzt schmeckte mir mein heißgeliebter Zuhause-Kaffee nicht mehr! Die Apokalypse!

Was war schuld? Das zytostatische Bündnis Cyclophosphamid, Epirubicin und 5-FU.

Normalerweise lasse ich über meine Chemo-Kombinationen berechtigterweise gar nix kommen, aber in dem Fall: Pfui Teufel!

Warum? Meinem subjektiven Empfinden nach schmeckte ALLES, was ich aß und trank, nach purer Chemie. In dem Fall, als hätte ich ein paar Tropfen Kaffee in ein Reagenzglas mit einer lustig-bunten Flüssigkeit gekippt, kräftig geschüttelt und dann auf Ex ausgetrunken. Yummy!

Nicht nur das. Ich atmete, schwitzte, pinkelte und - 'tschuldigung - schiss Chemie. Alles roch danach. Zumindest für mich und meine angegriffene Nasenschleimhaut, und weil das angesprochene Chemo-Bündnis nun mal munter durch meine Adern floss.

 

Zum Glück hat sich alles wieder regeneriert, und auch der "Kaffee-Geschmack" kehrte relativ schnell wieder zurück. Das hätte mir damals jemand sagen sollen - vermutlich hätte ich es nicht geglaubt.

Ich schätze mal, es war für Außenstehende nicht gerade ein erbaulicher Anblick: Da saß das glatzerte, moppelige Jogginganzug-Wesen in der Küche, und man tut gut daran, schnell zu holen, was man holen wollte und schnell wieder abzuhauen, während einen das Gejammere auf dem Weg nach draußen in den Ohren nachhallte:

 

"Schmeckt das scheiße! Das schmeckt so scheiße! Das schmeckt so ab-so-lut scheiiiiiße..." ;-)

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