Ich gehe

Nein, trocknet eure Tränen - ich gehe nicht weg, und den Blog wird es auch noch ein ganzes Weilchen länger geben. ;-)

Was ich meine, ist:

 

Ich gehe.

 

Gern. Mit Leidenschaft.

Das ist mein Sport.

Aber ich musste ihn mir "antrainieren".

 

Rückblende:

Abgesehen von den schulischen Turnunterricht-Pflichtplackereien war ich eigentlich immer eher der träge Typ, ich muss es zugeben. Auch im Erwachsenenalter fand meine Freizeit hauptsächlich auf den vier Buchstaben statt.

Halt - eine Ausnahme gab es: 2005 entdeckte ich das Laufen, das ich fast ein Jahr lang mit großem Vergnügen und viel Ausdauer betrieb. Ziel war sogar ein Marathon. Besonders gefallen hat es mir, streng nach Trainingsplan zu laufen und dabei über alle Maßen diszipliniert und regelrecht professionell vorzugehen (Pulsmessung, Lauftagebuch). Was soll ich sagen? Ich war motiviert und erntete schon wenige Monate später die ersten Früchte: endlich eine greifbare Kondition und ein immerhin vorvorletzter Platz bei einem Vereins-5km-Lauf (bei dem ich so ziemlich die einzige Nicht-Vereinsläuferin war). Von meinem Zielsprint redet man in Loosdorf noch heute (na okay... nicht wirklich).

Leider habe ich bei der Laufgaudi regelmäßig auf etwas Entscheidendes vergessen: Nicht nur Konditionsaufbau ist wichtig, sondern auch die Kräftigung der Muskulatur. Letzteres habe ich nicht ganz so beachtet und bekam daher bald Probleme mit der Rumpfmuskulatur, was Bandscheibenprobleme und Hüftschmerzen zur Folge hatte. Da sich das leider ewig hinzog, habe ich aufgrund der ständigen Schmerzen die Lust auf Laufen verloren...

 

Der Weg zurück zur Couch folgte.

 

Meine letzte Beziehung, die sich im Internet anbahnte, hatte ich locker-flockig in der Tasche, indem ich in den Mails verkündete, "total gern in der Natur unterwegs" zu sein. Stand nämlich so ähnlich in ihrem Profil.

Ich bekam die Frau, und sie das Faultier. Kein fairer Deal. [Ja ja, ich weiß, du liest mit!😬]

 

Nun gut... sie begann mich beharrlich mitzuschleppen - zu Spaziergängen (mit und ohne Hund), zu Ausflügen und auch zu größeren Wanderungen.

Ich ächzte, ich schwitzte, ich fluchte. Aber bald begann die Saat aufzugehen.

Ich begann die Bewegung an der frischen Luft, das Kennenlernen von Wäldern, Landschaften, Bergen immer mehr zu schätzen ... hatte aber auch dann und wann "Mag nicht"-Phasen, die ich auch durchsetzte. Niederösterreicherinnen können stur sein. Und wenn sie auch noch Übergewicht auf den Berg raufschleppen müssen, erst recht.

 

Mitten drin passierte dann die Krankheit.

Jetzt wartet ihr alle auf DEN Blitz der Erkenntnis, die wundersame Wandlung, die Geburt einer Sportskanone.

Nix da.

Gut, ich variierte. Ich fuhr ja auf Kur und machte Wandern, Nordic Walking, Qi Gong und noch mehr Wandern. Ich ging mehr als früher, und ich würde lügen, würde ich behaupten, ich hätte mich nicht danach gerichtet:

 

Regelmäßige Bewegung senkt das Rückfallrisiko bei vielen Krebsarten erheblich.

 

Wen lässt das schon kalt? Und so ging ich. Immer öfter, immer mehr.

Ich hatte es ja gut, hatte ich doch ein haarige kleine Fitnesstrainerin in Form eines kleinen Yorkshire-Terriers bei mir, und da ich in den ersten Jahren nach der Erkrankung viel Zeit hatte, marschierte Sina mit mir viele Wege. Sehr viele!

"Trotzdem" gingen meine Partnerin (die auf 2 Beinen) und ich auseinander. Aber nicht deswegen. Glaub' ich. ;-)

 

Und nun lebe ich seit über einem Jahr im - meiner Meinung nach - schönsten Stadtteil von Linz und ICH GEHE. Viel, oft und lang, und aus mehreren Gründen:

 

1. Aus Freude.

Die Bewegung ist mir mittlerweile ins Blut übergangen. Ich muss keinen Hardcore-Sport betreiben, um das Gefühl zu haben: Ich tu' was für meinen Körper. Kreislauf, Kondition und Stoffwechsel danken es mir... und noch soviele andere Aspekte tun dabei gut!

 

2. Entdeckungslust.

Ich bin nicht nur an vordergründig schönen Orten unterwegs, sondern erforsche auch gerne mir unbekannte Eckchen und Gegenden. Manchmal passiert es, dass ich an einer beliebigen Öffi-Haltestelle aussteige und mir irgendeinen Weg suche, der mich so oder so ans Ziel bringt - inner- und außerstädtisch freilich.

 

3. Gehen und Hören.

Seit meinem Umzug bin ich leidenschaftliche Hörbuch- und Hörspielhörerin, und es kommt oft vor, dass ich meine Spaziergänge mit Stöpsel in den Ohren mache. Genau genommen höre ich Hörbücher nirgends anders als beim Gehen, und ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass das zusätzlich motiviert. Man will schließlich wissen, wie die Geschichte weiter...äh...geht. 

Manchmal gehe ich ein paar Stunden und werde kein Stück müde. :-)

 

4. Anspannung.

Schon oft gab es Gelegenheiten - in schlimmen Phasen, vor Nachsorge-Untersuchungen oder sonstigen Situationen, in denen es mir alles andere als gut ging ... da half und hilft mir das Gehen, um die Anspannung, die sich sonst im Körper festsetzt, zu kanalisieren.

 

5. Ökonomie.

Auch das ist wichtig. Ich "spare" am Fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, Auto habe ich sowieso keins und meine obligatorischen Überpünktlichkeiten kompensiere ich dadurch, dass ich dann halt noch eine halbe Stunde irgendwo im Kreis laufe.

 

Ihr seht also:

Das, was so mancher Mensch am liebsten schon mehrfach in mich hineingeprügelt hätte, funktioniert plötzlich seit geraumer Zeit von ganz allein. ;-)

Die nächste Freundin (Bewerbungen bitte an die Mailadresse rechts bzw. unten) wird dann auch nicht mehr beschummelt, versprochen!

 

So... und ups, schon spät... ich muss gehen.

 

Miep miep.

 

 

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