"Jetzt kommt ein kleines Sticherl!"

Es ist mir bewusst: Das hier ist nichts für schwache Nerven! Fotos, Erzählungen - ja, alleine die bloße Vorstellung lässt bei manchen von uns den Kreislauf in die Tiefe rauschen: NADELN! SPRITZEN! INFUSIONEN!

Und dann schmeißt sie uns tatsächlich ein Bild hin... von ihrem zerschundenen Arm. Einstiche an drei Stellen - alleine am Unterarm. Eine Runde Mitleid!

Zu dem Zeitpunkt, als das Bild entstand, zirkulierten in meinem Körper (vermutlich) noch Reste vom Kontrastmittel der PET/CT-Untersuchung*, das dafür sorgte, dass ich bald lustige rote Quaddeln bekam und mein Gesicht ein wenig anschwoll. Allergie - wieder was Neues gelernt.

Alles andere stammte von diversen mehrfachen Blutabnahmen (missglückten und erfolgreichen).

 

Während dieses ersten längeren Klinikaufenthalts musste ich in Hinblick auf den Einsatz von Nadeln unterschiedlicher Größen schon einiges aushalten - das darf ich ganz unselbstmitleidig einfach festhalten. Genau genommen war das aber erst der Anfang. Die Chemotherapie stand zu diesem Zeitpunkt nämlich erst bevor.

 

Wie gut, dass ich im Großen und Ganzen kein grundlegendes Problem mit Nadeln bzw. Spritzen habe. Kein verkrampftes Kopfwegdrehen, kein "AJJJAIIJJAIIIJJJAIIII!", bis von Arzt/Schwester das erlösende "Wir ham's schon geschafft!" kommt.

Anfangs - ich bin 100%ig sicher - lief beim Anblick meiner Venen jedem Vampir in Weiß das Wasser vorfreudig im Mund zusammen. Die leuchteten nämlich kräftig und blau, schon von weitem. Man hätte Nadel-Weitwurf machen können und hätte das Ziel auf jeden Fall getroffen. "SIE haben aber SCHÖNE Venen!" habe ich im Leben wesentlich öfter gehört als Lobpreisungen meines, äh, attraktiven Gesichts.

Aber jetzt - einige Jahre und viele Nadeln später - hat sich das geändert: Mein rechter Arm fällt aus, weil ich aufgrund der axillären Lymphknoten-Entnahme meine Armbeuge nicht mehr malträtieren lassen darf. Und links... die linke Vene treibt die meisten Blutsauger*innen mittlerweile in den Wahnsinn. Hart und vernarbt wie ein Stahlrohr - da geht keine Nadel mehr durch. Nur die ganz hartgesottenen Nadelakrobaten finden noch irgendwie einen Zugang. Oder sonst muss halt der Handrücken herhalten.

Außerdem - manchmal will das Blut nicht mehr richtig fließen, was vom Zeitpunkt und der Körperstelle abhängen kann. Zum Glück ist das temporär. Ich vergesse bestimmt nicht jene Ärztin in der Strahlenambulanz, die nur einen kurzen Bluttest machen wollte. Bloß einen winzigen Blutstropfen wollte sie, stach mich also in die Fingerkuppe und quetschte diese - ungelogen - eine Viertelstunde lang, bis der vermaledeite Tropfen endlich groß genug war, um für die Untersuchung zu reichen. Bloody hell!

 

Das Thema Port-a-Cath (nein, das ist keine karibische Insel) war zum Glück nie das meinige - oder leider (je nach Betrachtungsweise). Einen Port (wie man ihn meist kurz nennt) bekommt man, meist vor einer Chemotherapie, an der Vorderseite der Schulter unter die Haut implantiert, um das Verabreichen von Infusionen und Blutentnahmen zu erleichtern, da nicht jedes Mal eine Vene neu punktiert werden muss.

In meinem Fall brauchte ich keinen Port, da meine geplante Chemo im Falle eines "Verlaufes" der Substanzen höchstens "gewebereizend", und nicht "gewebeschädigend", wirken würde.

Ein Nervenkitzel wurde es ab der 4. Chemo-Gabe, da zu diesem Zeitpunkt die Zusammensetzung der Zytostatika geändert wurde und meine neue kaminrote Epirubicin-Chemo sehr wohl für ein bisschen Gewebeverbrutzelspaß gesorgt hätte, wenn etwas "intern" danebengegangen wäre.

War dann also sehr spannend, ganze 3x. Mein Arm lag starr auf der Lehne, klebte schwitzigerweise an jener fest, und ich traute mich 1,5 Stunden lang nicht mal einen kleinen Finger zu rühren, während ich auf Kanüle und Schlauch starrte. Alles gut gegangen - nix passiert... und war ja so ursprünglich nicht geplant. :-)

 

Grundsätzlich gewöhnt man sich auch schnell an dieses meist bunte Ding namens Venflon. Belastet wird ja oft vor allem nicht der Arm, sondern die Nackenmuskulatur, weil man 97x zum Infusionsständer hochschaut, wann "das denn eeeeeendlich durch" ist.

Zur prickelnden Herausforderung kann es auch werden, wenn man während eines stationären Klinikaufenthaltes tagelang mit so einem Ding im Arm herumläuft (das dann halt mehrfach angezapft wird) und einfach immer wieder - vor allem bei Toilettenbesuchen und beim Umziehen - mit dem SCH*** überall hängenbleibt. Tja, die Bloggerin kann ein Lied davon singen.

 

Zum Abschluss noch eine kleine, weil einzige Anekdote zum Thema "Nadel versus Kreislauf":

Nach der abgeschlossenen Chemotherapie musste ich noch ca. 1 Jahr lang alle 3 Wochen weiterhin Antikörper-Infusionen bekommen (auch deswegen gaben meine Venen mit der Zeit den Geist auf). Ich war echt schon der coole, alte Infusions-Hase, der neben sämtlichen Krankenschwestern-Namen bis zum ewigen Marmeladensemmel-Kreislauf den ganzen Ablauf schon in- und auswendig kannte. Regelmäßige Blutabnahmen dabei - geschenkt!

... Bis ich mal das Frühstücken vergaß (Nüchternsein war in dem Fall nicht nötig), mir die Nadel setzen ließ und man wenige Sekunden später nur noch ein klägliches "Mir geht's nicht mehr so gut" von mir hörte. Tja, da war mein Blutdruck/Kreislauf wohl ein wenig in die Binsen gesackt, und der sich in Bewegung setzende und sich dann um mich gruppierende "Schwarm in Weiß" war fast herzinfarktwürdig. Na ja - ein bisschen Liegen und eine Banane später war dann alles wieder gut.

 

Nein, ich werde keine flammende Rede darüber halten, dass Nadeln, Spritzen und dergleichen "eh nicht so arg" sind und man sich doch, verdammt nochmal, nicht so anstellen solle. Für viele Menschen ist und bleibt es ein Horror, gepiekst zu werden. Vor allem wenn man die meist nicht so angenehmen Rahmenbedingungen (z.B. während eines Krankenhausaufenthaltes) bedenkt.

Doch - wie bei so vielem - gilt auch hier: Irgendwann ist's vorbei. Bis zum nächsten Mal jedenfalls. ;-)

 

*PET/CT = Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie (bildgebendes Verfahren, meist für Tumordiagnostik)

 

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Rösi Repa (Dienstag, 11 Februar 2020 07:11)

    Hallo liebe Marlies !
    Zu sehr später Stunde habe ich mit die "Nadelstory" liegend im Bett in Brasilien im wahrsten Sinn des Wortes hineingezogen und mich dabei regelrecht gesehen.wie es seinerzeit war.
    Und jedes mal.wenn ich deinen Beitrag lese .dann denke ich .........hoffentlich schreibst du bald mal ein Buch ! Alles Liebe und Gute und weiter so .......���������