Da hat's was!

Ende Oktober 2016:

 

Ich drehe eine kurze Gassi-Runde mit dem Hund - es ist eher trüb, feucht, auf dem Boden liegt nasses Laub. Aber noch bewundere ich es - die tollen Farben und alles. Herbst ist halt schon was Schönes!

Wir sind schon wieder auf dem Weg zurück, biegen in unsere Straße ein, gehen auf Asphalt. Ich krame nach einem Taschentuch, blicke irgendwie in die Luft, bin gedankenverloren.

 

Und dann reißt es mir plötzlich die Beine weg. Für einen Moment scheint die Zeit stillzustehen - ich "schwebe" in der Luft, falle dann nach vorn, auf die ausgestreckten Arme ... Handflächen voraus. Der Schwung ist so groß, dass ich ahne - nein, WEISS - dass ich mit vollem Karacho "landen" werde. Tatsächlich: Ich schlage auch noch mit dem Kopf auf dem Asphalt auf, aber wenigstens zerdeppere ich mir nicht die Nase, sondern drehe das Gesicht im letzten Moment noch nach links. Trotzdem macht es unschön "TOCK", und ich glaube: Jetzt werde ich bewusstlos, aber das geht doch nicht - der Hund läuft ohne Leine!

Aber mein Bewusstsein bleibt voll da, ich setze mich wie betäubt auf und flüstere so etwas wie "Das war jetzt das Laub." Ich muss auf ein paar, auf dem feuchten Boden klebenden, Blättern ausgerutscht sein, und zwar so, als wäre es eine Bananenschale gewesen. Wie im Zeichentrickfilm - dazu macht es "ZIIIIIIINGGG" und "Whack" - aber so richtig zum Lachen ist mir gerade nicht. Mit zitternden Knien stehe ich auf, greife mir ins Gesicht, an die Arme und untersuche die Handflächen. Letztere sind aufgeschürft, aber sonst spüre ich gerade nichts.

Nur der Schock, der hängt mir ordentlich in den Knochen.

Dennoch sammle ich den Hund wieder ein, und nachher in der Wohnung versuche ich mich wieder zu "erfangen".

 

Jedoch - da kommt dann der SCHMERZ. Ein so brutaler Schmerz, dass ich sogar aufschreien muss, als ich den rechten Ellenbogen zu bewegen versuche.

Es wird klar: Da hat's was.

 

Im Krankenhaus wird eine Radiusköpfchen-Fraktur festgestellt. Das obere Ende der Speiche ist abgebrochen und hat sich um 3 mm verschoben. Ich bekomme eine Trage-Manschette und eine OP in Aussicht gestellt... optional.

Ich entscheide mich gegen die OP und für eine Physiotherapie, und fast bereue ich das nach einigen Wochen, denn es dauert lange - sehr lange - bis ich den Ellenbogen wieder weiter als 90° abbiegen kann. Eine Zeitlang glaube ich, dass ich mir nie wieder mit der rechten Hand an die rechte Schulter greifen kann. Ein Knochenmarködem im Bein plagt mich auch noch wochenlang.

Aber es wird wieder. Alles wird wieder.

 

Heute tut nichts mehr weh, aber häufig höre ich bei Armbewegungen ein hohles Knacksen, das mir zeigt, dass das Radiusköpfchen nicht mehr ganz dort sitzt, wo es sein sollte. Aber ich kann damit leben. Gar nicht mal so schlecht.

 

Was all das mit Krebs zu tun hat?

Ja, natürlich - im Vergleich damit ist eine Radiusköpfchen-Fraktur so etwas wie ein Kinderschnupfen.

Und doch ... seltsam irgendwie... gibt es Parallelen.

 

Du fällst.

Du kannst es nicht aufhalten.

Du weißt nicht, wie hart die Landung sein wird.

Und es ist tatsächlich schlimm!

ZIIIIIINGGG - WHACK! Aber nicht auf die lustige Art.

Im ersten Moment nur Schock. Kein Schmerz. Kein Gefühl.

Betäubung.

Du versuchst dich zu ordnen, wieder zum klarem Denken zurückzufinden.

Plötzlich setzt der Schmerz ein - brüllend, scharf, fast unerträglich.

Und die Gewissheit.

DA IST WAS.

DA HAT'S WAS.

Oder auch:

DA SITZT WAS.

 

Warten, Angst, Krankenhaus, Ärzte.

Wir können dies machen. Oder auch jenes.

Entscheidungen treffen.

Vielleicht nicht immer die richtigen.

Behandlung. Wieder Warten.

Irgendwann kehrt wieder Normalität ein.
Oder aber auch nicht.

 

Völlig abwegiger Vergleich, richtig.

Und doch.......

..... im Ansatz..............

 

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Rösi (Dienstag, 07 Januar 2020 18:37)

    Liebe Marlies !
    Der Beitrag hat mir sehr gut gefallen ! Gratuliere.....und wann ist das passiert ?
    Alles Liebe und Gute und ich freu mich auf ein Wiedersehen im Frühling ....���



  • #2

    Marlies (Mittwoch, 08 Januar 2020 17:07)

    Liebe Rösi! Vielen Dank! ❤️
    Das Ganze ist bereits 2016 passiert. ;-)

  • #3

    Isabella (Dienstag, 14 Januar 2020 10:28)

    Hallo Marlies�

    Du beschreibst das ganze sehr bildlich. Das gefällt mir sehr gut.
    Ich habe voriges Jahr meine Freundin beim Brustkrebs begleitet. Sie erzählte es auch so ähnlich.
    Ich freu mich schon auf deinen neuen Blog.
    Alles Liebe
    Isabella

  • #4

    Marlies (Mittwoch, 15 Januar 2020 16:45)

    Vielen lieben Dank! :-)